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Der Arbeitsplatz der Zukunft: Vom Büro zum Lebensraum

Work Culture Festival

Alexander Fehre auf der ORGATEC. Bild: IBA
IBA Redaktionsteam IBA Redaktionsteam ·
5 Minuten

Auf dem Work Culture Festival sprach der Innenarchitekt Alexander Fehre über die Transformation des Büros und seine neue Rolle in der Arbeitswelt. In seinem Vortrag stellte er die Frage: Brauchen wir in Zeiten von Remote-Arbeit überhaupt noch klassische Arbeitsplätze oder sollte sich das Büro zu einem echten Lebensraum entwickeln? Anhand von drei Projekten seines Studios zeigte er, wie sich Büros in inspirierende Orte verwandeln lassen, die Identität stiften, Kreativität fördern und die Unternehmenskultur widerspiegeln.

Das Büro im Wandel: Von der Effizienz zur Identifikation

Fehre betonte, dass Büros lange Zeit vor allem funktional gestaltet wurden. Sie dienten der Optimierung von Arbeitsabläufen, boten aber wenig Raum für Identifikation und Wohlbefinden. Heute gehe es darum, Arbeitswelten zu schaffen, die sich an den Bedürfnissen der Menschen orientieren und die Zusammenarbeit auf natürliche Weise fördern. Das Büro von morgen müsse mehr sein als ein Ort der Produktivität – es müsse ein Ort sein, an dem sich Menschen gern aufhalten, sich inspirieren lassen und sich mit der Unternehmenskultur verbinden können. Fehre machte auch deutlich, dass die Arbeitsumgebung nicht isoliert betrachtet werden dürfe. Der technologische Fortschritt und die zunehmende Verbreitung hybrider Arbeitsmodelle erfordern ein Umdenken. Während Remote-Arbeit Flexibilität ermögliche, bleibe das physische Büro ein zentraler Ort für persönlichen Austausch, Innovation und die Stärkung der Unternehmenskultur.

Drei Projekte als Beispiele für die neue Arbeitswelt

Anhand von drei Projekten veranschaulichte Fehre, wie sich moderne Bürokonzepte umsetzen lassen. Projekte, die zeigen, wie Arbeitswelten individuell an die Bedürfnisse von Unternehmen und ihren Mitarbeitern angepasst werden können.

Bosch: Dynamische Begegnungszonen statt statischer Arbeitsplätze
Bei einem Projekt für Bosch in Schwäbisch Gmünd verwandelte Fehre eine ehemalige Produktionshalle in eine moderne Arbeitswelt. Die zentrale Leitidee: Zusammenarbeit fördern, spontane Begegnungen ermöglichen und den industriellen Ursprung des Unternehmens in die Gestaltung integrieren. Ein geschwungener Weg durchzieht die gesamte Fläche und verbindet Besprechungsräume, Teamzonen und Arbeitsplätze. Die Gestaltung unterstützt gezielt den informellen Austausch zwischen den Mitarbeitern und spiegelt gleichzeitig die Dynamik der Automobilbranche wider.

Roche Diagnostics: Ein Treffpunkt für Produktion und Management
Für Roche Diagnostics entwickelte das Team von Fehre einen Raum, der bewusst nicht wie ein klassisches Büro funktioniert. Ziel war es, eine Schnittstelle zwischen Verwaltung und Produktion zu schaffen – einen Ort, an dem sich verschiedene Abteilungen treffen und austauschen können. Inmitten einer Produktionshalle entstanden hölzerne Pavillons, die als flexible Arbeits‑, Pausen- und Kommunikationsbereiche dienen. Das Ergebnis ist ein Raum, der Barrieren abbaut und die Interaktion zwischen verschiedenen Unternehmensbereichen fördert.

Content-Produktion in der Modebranche: Ein kreativer Arbeitsraum mit Erlebnischarakter
Ein weiteres Projekt widmete sich der Gestaltung eines Arbeitsbereichs für ein Unternehmen der Modebranche. Die Mitarbeiter sind hier in kreativen Berufen tätig, unter anderem in der Content-Produktion für einen Online-Shop. Die Herausforderung bestand darin, ein inspirierendes Umfeld zu schaffen, das die Dynamik der Modewelt einfängt. Fehre entschied sich für ein mutiges Konzept, das die Energie eines Catwalks mit der Funktionalität eines modernen Büros verbindet. Bewusst inszeniertes Chaos, flexible Arbeitsplätze und kräftige Farben schaffen eine Atmosphäre, die Kreativität und Spontaneität fördert.

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Das Büro als Ort der Identifikation und Inspiration

Das klassische Büro mit festen Schreibtischen, sterilen Konferenzräumen und hierarchischen Strukturen habe ausgedient, ist Fehre überzeugt. Stattdessen seien Arbeitswelten gefragt, die den Menschen in den Mittelpunkt stellen. Inspirierendes Design, flexible Strukturen und Raumkonzepte, die Teamarbeit und informellen Austausch unterstützen, seien die Zukunft. Unternehmen müssten sich fragen: Welche Räume brauchen unsere Mitarbeiter wirklich? Welche Atmosphäre fördert Kreativität und Kooperation? Und wie kann der Arbeitsplatz zur Stärkung der Unternehmenskultur beitragen? Ein wesentlicher Punkt sei dabei die emotionale Bindung an den Arbeitsort. Gerade in Zeiten des ortsunabhängigen Arbeitens müssten Unternehmen Anreize schaffen, das Büro als attraktiven Ort zu gestalten, betonte Fehre, nämlich: inspirierend, emotional ansprechend und auf die jeweiligen Nutzergruppen abgestimmt.

Ausblick: Wie sieht der Arbeitsplatz der Zukunft aus?

Zum Abschluss wagte Fehre einen Blick in die Zukunft der Arbeitsplatzgestaltung. Er argumentierte, dass der Begriff „Büro“ zunehmend an Bedeutung verliere und stattdessen die Vorstellung von „Arbeitslandschaften“ und „interaktiven Erlebnisräumen“ an Relevanz gewinne. Statt standardisierter Bürokonzepte seien maßgeschneiderte Lösungen gefragt, die den Charakter eines Unternehmens widerspiegeln und den Menschen als kreatives und soziales Wesen in den Mittelpunkt stellen. Die Zukunft der Arbeit sei kein statischer Raum, sondern ein sich wandelndes Umfeld, das flexibel auf Bedürfnisse reagiert und Identifikation ermöglicht. Sein Fazit: Ein erfolgreicher Arbeitsplatz der Zukunft ist nicht nur funktional, sondern lebendig – ein Raum, in dem sich Menschen nicht nur effizient organisieren, sondern auch gern aufhalten, weil er ihre Arbeitsweise, ihre Kultur und ihre Bedürfnisse widerspiegelt.

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Alexander Fehre ist Gründer des Stuttgarter Studios Alexander Fehre und bekannt für seine überraschenden Raumkonzepte. Nach seinem Studium der Innenarchitektur an der Hochschule Wismar sammelte er Erfahrung bei den Deutschen Werkstätten Hellerau und der Ippolito Fleitz Group. 2009 gründete er sein eigenes Studio und gestaltete unter anderem das Weltspiegel-Kino in Cottbus sowie große Büroflächen für Bosch. Heute zählt er Unternehmen wie Bosch, Hyatt und Roche Diagnostics zu seinen Kunden und verbindet in seinen Entwürfen Funktionalität mit ästhetischer Klarheit. Weitere Informationen unter https://www.alexanderfehre.de/.

Titelbild: @ IBA