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Jeder Raum hat eine Wirkung
Spätestens während der Corona-Pandemie wurde den meisten Führungskräften und ihren Mitarbeitern bewusst, wie viel Flexibilität die ortsunabhängige Kommunikation auf Basis digitaler Plattformen bietet. Je länger die Abwesenheit vom Büro als dem gemeinsamen Arbeitsort dauerte, desto klarer wurde allerdings auch, wie wichtig eine gemeinsame physische Präsenz ist.
In einer Spezial-Ausgabe zu den „New Work Order“-Studien widmete sich die Hamburger Trendexpertin Birgit Gebhardt daher dem Raum und seinen Potenzialen. Die Ergebnisse können in dem„New Work Order“-Spezial „Die Macht der Räume“ nachgelesen werden. Nachfolgend finden Sie eine kleine Auswahl der darin behandelten Themen.
DIE FRAGE NACH DER BESTEN ARBEITSUMGEBUNG WIRD INDIVIDUELL BEANTWORTET
Die vielleicht wichtigste These der Publikation lautet, dass Mitarbeiter künftig selbst und vermutlich sehr persönlich entscheiden werden, wann und wo sie arbeiten. Das gilt nicht nur für die Frage Homeoffice, Büro oder Dritter Ort. Es gilt auch für die Räumlichkeiten des gemeinsamen Büros selbst. Dabei können sich die Beschäftigten voraussichtlich bald von smarter Technik bei ihren täglichen Entscheidungen unterstützen lassen. So wie heute Smart Watches Rückmeldungen über den persönlichen Gesundheitszustand geben, werden vermutlich in nicht allzu ferner Zeit Apps zur Verfügung stehen, die Feedback zum Wohlbefinden und zur Produktivität in Räumen geben können. Für Unternehmen bedeutet das, dass sie zum einen zulassen müssen, dass sich jeder einzelne Mitarbeiter und jedes Team selbst organisiert, und zum anderen müssen sie eine große Bandbreite an unterschiedlichen Arbeitsräumen zur Verfügung stellen – im Büro, in angemieteten Coworking Spaces oder im Workspace-Sharing mit benachbarten Unternehmen.
Das Büro als Erfahrungsraum
Der Mehrwert des Büros liegt in seinem vielfältigen Raumangebot, das uns sensorisch wie medientechnisch neu anregt und verbindet. Seine Kennzeichen: weniger Standards, smarter ausgerüstet, mutiger im Erscheinungsbild und kommunikativer.
Quelle: „New Work Order“-Spezial „Die Macht des Raums“, 2022.
WIRD DAS BÜRO ZUR BÜHNE?
Die Frage erscheint vielleicht unsinnig, allerdings nur auf den ersten Blick. Birgit Gebhardt verweist in ihrer Studie auf die Townhall-Meetings, in denen CEOs über Ziele sprechen und sich den Fragen der Belegschaft stellen. Der Raum wird dann zur Bühne, der je nach Ausstattung entweder Nähe schaffen oder bewusst Distanz und Faszination verstärken kann. In der hybriden Arbeitswelt brauchen aber nicht nur Führungskräfte eine Bühne. Auch die Zusammenarbeit im Team profitiert von Inszenierung: Sie kann Teamprozesse stärken und sich so positiv auf Kreativität und Arbeitsergebnisse auswirken. Das Büro als Bühne schafft gezielt Sichtbarkeit und bietet gleichzeitig den Raum für gemeinsames Experimentieren.
UNTERNEHMEN IM KULTURSCHOCK
Das Büro als Theater- oder Kulturlandschaft zu denken hat noch einen weiteren Vorteil. Denn aus physischer Distanz kann im Rahmen von Hybrid oder Remote Work schnell auch eine gefühlte Distanz werden. Um das zu verhindern, braucht es immer wieder gemeinsame Erlebnisse und geteilte Werte. Das Büro ist hier gegenüber dem virtuellen Raum grundsätzlich im Vorteil, weil es mehr Sinne ansprechen und Unternehmens- wie Arbeitskultur erlebbar machen kann:
- IDENTITÄT: Unternehmens- und Teambindung entstehen nicht auf dem Reißbrett. Google zeigt seit Langem, wie lokale Bezugspunkte im Raumdesign die Bindung an ein internationales Unternehmen stärken können.
- ZUSAMMENARBEIT: Eine funktionierende Bürolandschaft muss Zusammenarbeit effizienter gestalten, als das bisher der Fall war. Dafür müssen sich Menschen begegnen, um sich füreinander erwärmen zu können: in attraktiven Kommunikations- und Verweilzonen.
- WOHLGEFÜHL: Das Multispace-Büro bietet Räume für die unterschiedlichen Bedürfnisse der Menschen nach Konzentration, kreativer Nähe oder Rückzug und Erholung. Der Einsatz von Pflanzen, Tageslicht und Dekorationsgegenständen erweist sich dabei als leistungssteigernd.
- SINNHAFTIGKEIT: Sie fordert zunächst, sich über den eigenen sowie gemeinsamen Beitrag zum großen Ganzen im Klaren zu sein, und schafft damit eine Bühne für die Präsentation der großen Ziele und des eigenen Beitrags.
KOLLABORATION KLARMACHEN – BEISPIELE
Auch bei der Förderung der Zusammenarbeit müssen Unternehmen den Weg finden, der am besten zu Ihnen passt. Die New Work Order-Studie „Die Macht des Raums” nennt Beispiele.
„Wie wollt Ihr arbeiten?“, fragte der deutsche Onlinehändler OTTO seine Mitarbeiter. Als Reaktion auf die Antworten wurden die Bereiche für konzentrierte Einzelarbeit, die bei OTTO entsprechend ihren Vorbildern Bibliotheken genannt werden, reduziert. Stattdessen werden künftig flexible „Projektgaragen“ eingerichtet, die es sowohl in vertraulicher wie auch in offener Form geben soll.
Beim Streamingdienst SPOTIFY ist das Büro ein Ort für Geselligkeit, Onboarding und kritische Problemlösungen. Dafür können sich die Teams Räume mit Arbeitstischen für maximal acht Personen plus Kreativ-Lounge und Rückzugsbereich mieten.
Bei der SWISSCOM IMMOBILIEN AG setzt man darauf, den Gestaltungsdrang der für die Arbeitsplatzgestaltung Zuständigen zurückzunehmen und stattdessen genauer zu beobachten, was den Nutzern dient. Einheitliche Regeln wurden vielfach abgeschafft. So entscheidet jeder Mitarbeiter selbst, ob er seinen Schreibtisch mit anderen teilen will oder nicht. Die Bedeutung des Büros sieht man darin, sich dort gemeinsam darüber klarzuwerden, was das Unternehmen weiterbringen kann und wird.
Das Software-Unternehmen ADOBE setzt bei seinen Arbeitsplätzen auf Wohlfühlen als ganzheitliche Idee. Diese reicht von ergonomischen Arbeitsplätzen bis zur Ernährungsberatung. Eingangsbereiche werden als Lobbys gestaltet und der Standort San José experimentiert mit einer bewussten Gestaltung der Übergänge zwischen den Raumzonen, um das Erleben der unterschiedlichen Atmosphären zu verstärken.
ABSICHTSORTE – WAS WELCHE RÄUME VERMÖGEN
In den abschließenden Kapiteln stellt Birgit Gebhardt Instrumentarien vor, mit denen agile Raumkonzepte mit Zuschnitt auf individuelle und Teambedürfnisse unterstützt werden können und wagt anhand von zwei Szenarien einen Blick in die Zukunft des Büros als Teil von Städten oder ländlichen Räumen.
Die Studie können Sie unter IBA-Publikationen kostenfrei als Printexemplar bestellen oder als PDF herunterladen.