Heiner Hans, Diplom-Ingenieur und Lichtexperte, erläuterte auf dem Work Culture Festival Ansätze für die individuelle, flexible und nachhaltige Beleuchtung in Büroumgebungen. Im Mittelpunkt seines Vortrags standen Planungsprinzipien, Beispiele aus der Praxis sowie die Bedeutung von Human Centric Lighting für moderne Arbeitsplatzkonzepte.
Vom Einheitslicht zur individuellen Lösung
Über viele Jahre hinweg war es üblich, Büros mit einer gleichmäßigen Beleuchtung von Wand zu Wand auszustatten. Dieses Modell zielte darauf ab, überall die gleichen Lichtverhältnisse zu schaffen. Hans ist der Ansicht, dass dieser Ansatz für heutige Arbeitswelten nicht mehr ausreichend ist. Unterschiedliche Tätigkeiten, Altersgruppen und kulturelle Prägungen erfordern differenzierte Lichtlösungen. Am Beispiel eines Architekturbüros verdeutlichte er dies: Während ein CAD-Zeichner möglichst wenig Streulicht benötigt, um feine Linien am Bildschirm klar zu erkennen, bevorzugt eine Kollegin in der Kundenberatung eine wohnliche Lichtstimmung für Gespräche. Andere Mitarbeiter benötigen mit zunehmendem Alter mehr Helligkeit, während jüngere Kollegen oft mit geringeren Beleuchtungsstärken zurechtkommen. Hans betonte, dass moderne Beleuchtungssysteme Helligkeit, Lichtfarbe und Dynamik situationsbedingt bereitstellen müssen. Ein wichtiger Baustein sei Human Centric Lighting (HCL), das den Verlauf des Tageslichts technisch nachbildet und so die innere Uhr unterstützt. Dadurch kann Licht je nach Situation aktivierend oder beruhigend wirken und sowohl Konzentration als auch Wohlbefinden fördern.
Flexibilität als Planungsgrundlage
Neben der Individualisierung rückte Hans die Flexibilität von Beleuchtungssystemen in den Mittelpunkt. Büroflächen verändern sich heute in kurzen Zyklen – durch neue Raumaufteilungen, agile Arbeitsmethoden, Projektarbeit oder wechselnde Teamgrößen. Eine moderne Beleuchtungsanlage sollte deshalb so konzipiert sein, dass sie sich ohne großen baulichen oder finanziellen Aufwand anpassen lässt. Zu den Lösungen zählen modulare Systeme, bei denen Leuchteneinsätze je nach Bedarf ausgetauscht oder ergänzt werden können. Ebenso wichtig sind mobile Stand- oder Tischleuchten, die an wechselnden Arbeitsplätzen eingesetzt werden können und so individuelle Lichtbedürfnisse abdecken. Hans betonte, dass sich eine flexible Planung nicht allein auf die Auswahl der Leuchten beschränkt, sondern auch ihre Integration in ein übergeordnetes Lichtmanagementsystem einschließt. Solche Systeme ermöglichen es, Szenarien an neue Raumaufteilungen anzupassen, unterschiedliche Arbeitszonen zu definieren oder Beleuchtungskonzepte mit anderen Gebäudefunktionen, etwa Sonnenschutz oder Klimatisierung, zu verknüpfen. Flexibilität bedeutet darüber hinaus, dass eine Anlage nicht nur bei der Inbetriebnahme, sondern auch im laufenden Betrieb variabel bleibt. So können beispielsweise bei einer veränderten Teamstruktur neue Lichtszenen programmiert oder einzelne Bereiche stärker akzentuiert werden.
Nachhaltigkeit im gesamten Lebenszyklus
Als dritten Schwerpunkt stellte Hans die Nachhaltigkeit heraus. Zwar hat der Umstieg von Leuchtstofflampen auf LED-Technologie bereits deutliche Energieeinsparungen ermöglicht. Dennoch, so Hans, müsse Nachhaltigkeit umfassender gedacht werden und alle Phasen des Lebenszyklus einer Beleuchtungsanlage berücksichtigen. Ein konsequentes Lichtmanagement ist dabei ein wesentlicher Faktor. Systeme mit Präsenzmeldern und Tageslichtsensoren sorgen dafür, dass Kunstlicht nur dort und nur dann eingesetzt wird, wo und wenn es tatsächlich benötigt wird. Auf diese Weise lässt sich der Energieverbrauch deutlich senken und auch die Lebensdauer der LEDs verlängern, da sie im gedimmten Zustand weniger stark belastet werden. Dies wirkt sich sowohl auf die Betriebskosten als auch auf die CO₂-Bilanz positiv aus.
Hans betonte zudem, dass Nachhaltigkeit nicht beim Betrieb endet. Auch Produktion, Transport und Entsorgung sollten in die Planung einbezogen werden: Viele Leuchten bestehen aus Metallen wie Aluminium oder Stahl, die gut recycelt werden können. Schwieriger ist es bei LED-Platinen, die seltene Rohstoffe enthalten. Deshalb sei es sinnvoll, besonders effiziente LEDs einzusetzen, um so wenig Bauteile wie möglich zu verbauen, und auf Produkte zu achten, deren Komponenten ausgetauscht werden können. Reparierbare Systeme mit Ersatzteilgarantie verlängern die Nutzungsdauer erheblich und vermeiden unnötige Neuanschaffungen. „Eine lange Nutzungsdauer ist der größte Hebel für Nachhaltigkeit“, fasste Hans zusammen. Ergänzend wies er auf die laufenden Bestrebungen der Branche hin, Produktpässe zu entwickeln, die Planern und Betreibern alle Informationen zu Materialien, Reparierbarkeit und Recyclingfähigkeit übersichtlich bereitstellen. Auf diese Weise könnten fundierte Entscheidungen getroffen werden, die sowohl ökologischen als auch wirtschaftlichen Anforderungen gerecht werden.
Nutzerorientierung als Erfolgsfaktor
Ein weiteres zentrales Thema seines Vortrags war schließlich die konsequente Einbindung der Nutzer. Laut Hans werden Beleuchtungsanlagen häufig installiert, ohne dass die Beschäftigten ausreichend in die Bedienung und die Möglichkeiten eingeführt werden. Dadurch bleibt das Potenzial moderner Systeme ungenutzt, während zugleich die Gefahr besteht, dass Mitarbeiter auf eigene Lösungen wie private Tischleuchten zurückgreifen. Er plädierte daher dafür, die Nutzerperspektive bereits in der Planungsphase zu berücksichtigen, Erwartungen in Workshops zu ermitteln und nach einer gewissen Nutzungszeit Feedback einzuholen. Denn nur so lasse sich Akzeptanz schaffen und sicherstellen, dass Lichtlösungen ihre volle Wirkung entfalten.
Fazit: Beleuchtung ist ein zentraler Bestandteil moderner Arbeitswelten. Sie erfüllt nicht nur funktionale Aufgaben, sondern beeinflusst auch Atmosphäre, Gesundheit und Motivation. Dabei sind drei Aspekte entscheidend: individuelle Anpassung an unterschiedliche Tätigkeiten und Bedürfnisse, Flexibilität zur Begleitung sich wandelnder Raum- und Nutzungskonzepte sowie Nachhaltigkeit über den gesamten Lebenszyklus von Leuchten und Systemen. Ergänzt durch eine konsequente Nutzerorientierung entsteht so die Grundlage für Arbeitsumgebungen, die langfristig effizient und attraktiv bleiben.