66 % aller Unternehmen in Deutschland setzen laut einer Umfrage des Planungs- und Beratungsunternehmens Drees & Sommer derzeit auf Desksharing. In den meisten Fällen dürfte die Umsetzung noch auf einzelne Unternehmensbereiche begrenzt sein. Das könnte sich aber bald ändern. Denn die gleiche Untersuchung besagt auch, dass in vielen Betrieben eine Ausweitung des Desksharing-Prinzips geplant ist. Damit stellt sich die Frage nach den Konsequenzen – für die Arbeitsplätze und für die Unternehmenskultur.
Desksharing bezeichnet zunächst ganz allgemein die Nutzung eines Schreibtischarbeitsplatzes durch mehrere Personen. Heute wird Desksharing gedanklich fast immer mit einer freien Platzwahl, dem sogenannten nonterritorialen Arbeiten, verbunden. In diesem Sinn wird der Begriff Desksharing auch in den folgenden Ausführungen verwendet.
Organisatorische Aspekte
Desksharing bietet klare Vorteile. Die damit verbundene Reduzierung der Anzahl der Schreibtische verringert die Zahl ungenutzter Plätze und schafft Raum für Kommunikation und Kollaboration. Andererseits ist der Verzicht auf das eigene Territorium sowohl psychologisch als auch organisatorisch nicht ganz einfach. Betroffene müssen planen, wann sie einen Schreibtisch brauchen, also nicht nur wann sie im Unternehmen sein wollen, sondern auch, was sie dann vor Ort machen werden. Diese Planung wird umso wichtiger, je weniger Schreibtischarbeitsplätze zur Verfügung stehen.
Empfehlenswert ist daher der Start mit einer relativ niedrigen Sharing-Quote. Außerdem sollten neben der Bereitstellung einer Buchungsmöglichkeit auch klare Regeln für die Mindestanwesenheit und die Buchung – z. B. die maximale Belegungsdauer oder der Umfang von Buchungen – festgelegt werden. So können Akzeptanzprobleme verringert und Erfahrungen gesammelt werden.
Funktionale Maßnahmen
Damit Desksharing nicht zu Einbußen bei Arbeitsqualität und ‑leistung führt, sind darüber hinaus funktionale Maßnahmen gefragt.
1. Ergonomischer Arbeitsplatz
Ein höhenverstellbarer Tisch und Drehstühle, bei denen die Höhe des Sitzes, der Armlehnen und der Rückenlehne beziehungsweise der Lumbalstütze mit wenigen Handgriffen an die individuellen Körpermaße der wechselnden Nutzer angepasst werden können, sind ein Muss. Die Anpassung des Stuhls an das Nutzergewicht sollte dagegen idealerweise automatisch erfolgen.
2. Technische Geräte
Sie beeinflussen neben der ergonomischen Qualität der Arbeit auch deren Effizienz und damit die Performanz der Mitarbeiter. Laut Arbeitsstättenverordnung müssen an einem Bildschirmarbeitsplatz Bildschirm und Eingabegeräte voneinander getrennte Einheiten bilden. Dauerhaftes Arbeiten nur mit dem Laptop ist somit auch im Desksharing keine Option.
3. Sauberkeit und Hygiene
Damit stellt sich dann auch schon die Frage nach der Zuordnung der bereitgestellten Eingabegeräte. Nicht immer sehen Tastatur und Maus der Kollegen so aus, dass man diese direkt selbst nutzen möchte. Hier gilt es von Anfang an und am besten gemeinsam zu definieren, wie damit umzugehen ist. Also zum Beispiel täglich reinigen oder jedem Mitarbeiter eine eigene Tastatur und Maus zur Verfügung stellen, die nach Gebrauch an geeigneter Stelle verstauet wird.
4. Persönlicher Stauraum
Für die Unterbringung der persönlichen Gegenstände gibt es inzwischen eine ganze Reihe von Optionen. Sie reichen vom klassischen Caddy bis hin zu Taschen und Körben, in denen Persönliches in kleinerem Umfang transportiert und nach Gebrauch in einem Schließfachschrank untergebracht werden kann.
Atmosphäre und Wohlbefinden
Um Desksharing zu einer guten Sache zu machen, muss zudem der Verlust des eigenen Territoriums ausgeglichen werden. Kurz: Das gesamte Büro muss zu einem Ort werden, an dem man sich zu Hause fühlt. Dafür muss es aber deutlich mehr bieten als das bisherige Büro.
1. Unterschiedliche Bereiche einrichten
In vielen Unternehmen fehlen nach wie vor die Räumlichkeiten für Begegnungen, den ungezwungenen Austausch und die damit verbundene Chance, voneinander und miteinander zu lernen. Ehe Flächen aufgegeben werden, sollte daher zunächst geprüft werden, ob diese nutzbringend eingesetzt werden können. „Unterschiedliche Bereiche einrichten“ ist darüber hinaus auch eine Empfehlung für die Schreibtischarbeitsplätze selbst. Warum nicht statt Think-Tanks ganze Räume für konzentriertes Arbeiten reservieren und andere Räume wiederum für die gemischte Nutzung öffnen?
2. In Atmosphäre investieren
Damit aus „mein Schreibtisch“ „mein Büro“ werden kann, braucht es zudem eine Willkommenskultur (Hospitality). Unternehmen können hier von Gastronomie und Hotellerie lernen. Das gilt insbesondere für die Bedeutung kleiner Details, denn ob eine Umgebung als angenehm und wertschätzend empfunden wird, hängt nicht zuletzt von Materialien, Farben, Pflanzen und Accessoires ab. Auch hier ist es sinnvoll, die Beschäftigten in die Gestaltung einzubeziehen.
3. Persönlichem Raum geben
Damit neben dem gemeinsamen Territorium auch die persönliche Besitznahme stattfinden kann, sollten beispielsweise auch Familienfotos im Desksharing-Konzept mitgedacht werden. Wenn in dem Korb mit den persönlichen Utensilien (siehe oben) neben der eigenen Stiftebox auch ein Bilderrahmen oder die persönliche Lieblingsfigur Platz findet, tragen diese dazu bei, den Arbeitsplatz auf Zeit auch emotional für sich zu besetzen.
Die Platzfrage
Bleibt die Frage, was geschieht, wenn mal mehr Personen ins Büro kommen als geplant. Da hilft nur, die Zahl der Schreibtische auch dauerhaft nicht zu knapp zu bemessen und für alle Fälle flexibel nutzbare Räume bereitzuhalten. Möglichkeiten gibt es genug.