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Nicht für „Monkey-Business“ ins Büro

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Bernd Fels, Mitgründer von „if5 anders arbeiten“
Redaktion C.ebra Redaktion C.ebra ·
5 Minuten

Ein Büro sollte Tätigkeiten optimal unterstützen, sagt Bernd Fels, Mitgründer von „if5 anders arbeiten“. Seit vielen Jahren begleitet er namhafte Unternehmen und Konzerne bei der Planung, dem Bau und der erfolgreichen Einführung von realen und virtuellen Arbeits- und Büroumfeldern. Vier Kernbedürfnisse muss für Fels die Arbeitswelt Büro erfüllen: Konzentration, Kommunikation, Kollaboration und Kraftschöpfen – also Pause. Der Vorwegdenker in Sachen Neue Arbeitswelten stand uns für ein Gespräch zum Thema „Der Mensch im Mittelpunkt des Büros“ Rede und Antwort.

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Bernd Fels, warum sollten Büros umgestaltet werden und der Fokus auf die arbeitenden Menschen gelegt werden?

Eine neue Arbeitswelt sollte den Menschen stärken – nicht schwächen. Das bedeutet aber nicht, dass es jedem zu 100 Prozent gefallen muss. Unterschiedliche Generationen, Lebensphasen und Aufgaben machen es unmöglich, alle Bedürfnisse gleichermaßen zu bedienen. Ziel ist eine Umgebung, die unterm Strich positiv wirkt: auf den Menschen, aber auch auf die Organisation und immer mehr auf die Gesellschaft. Arbeit bleibt Arbeit – keine Wohlfühloase, aber auch kein Ort, der Energie raubt. Der Mensch bleibt hoffentlich noch lange trotz KI das zentrale Element – erst im Zusammenspiel aus menschlicher und künstlicher Intelligenz entsteht echte Qualität. Und genau deshalb lohnt es sich, Mitarbeitende und deren Bedürfnisse ernst zu nehmen und ihnen Räume zu schaffen, die stärken, statt schwächen.

Wie sollte denn ein Büro aussehen, um die Bedürfnisse der Arbeitenden in den Mittelpunkt zu stellen?

Ein Büro sollte Tätigkeiten optimal unterstützen. Deshalb unterscheiden wir zwischen vier Kernbedürfnissen: Konzentration, Kommunikation, Kollaboration und Kraftschöpfen – also Pause. Die „richtige Körnung“ dieser Zonen, abgestimmt auf Mensch und Aufgabe, ist entscheidend. So kann Kreativität, Kooperation und gute Koordination entstehen. Neben der Arbeitsart – ob Prozess‑, Projekt- oder Pionierarbeiter – spielt auch das Individuum eine Rolle. Vielfalt im Angebot ist deshalb zentral: Je mehr Wahlmöglichkeiten das Büro bietet, desto besser lässt sich der passende Ort für Aufgabe und Wohlbefinden finden. Der eine bevorzugt vielleicht den offenen Coworking-Bereich, der andere eher Rückzug und Ruhe. Aktivitätsbasierte Arbeitswelten bieten hier die besten Lösungen, weil sie sowohl individuelle Bedürfnisse als auch organisatorische Anforderungen verbinden. Grundvoraussetzung hierfür ist, dass wir zu unserer Fläche kommen und nicht: „1, 2, 3 meins“.

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Was ist realistisch, was must have und was steht am Ende der Wunschliste?

Realistisch ist, was zur Organisation passt – kulturell, finanziell und nachhaltig. Raumschiff-Enterprise-Designs oder Luxuskonzepte widersprechen dem Gedanken von ökologischer, ökonomischer und sozialer Nachhaltigkeit. Gleichzeitig eröffnen Zeit- und Ortsflexibilität sowie verschiedene Arbeitsorte die Chance, Flächen effizienter zu nutzen und Räume qualitativ aufzuwerten. Sharing-Modelle und flexible Nutzungskonzepte ermöglichen mehr Qualität auf weniger Fläche. Das „Must-have“ ist deshalb ein Büro, das Angebote schafft, statt einfach nur Arbeitsplätze bereitzustellen – Rückzugsorte, Kommunikationszonen, Begegnungsflächen. Am Ende der Wunschliste steht ein Büro, das nicht nach Quadratmetern funktioniert, sondern Menschen motiviert und stärkt. Dann wird es nicht nur wirtschaftlich, sondern auch zu einem Ort, an dem Arbeit Freude machen kann.

Ist Büro nicht da, wo Mensch arbeitet? Es gibt doch so viele Arbeitsorte.

Jein. Das klassische Büro hat längst sein Monopol verloren. Arbeit findet heute an vielen Orten statt: Zuhause, im Coworking-Space, unterwegs, beim Kunden oder virtuell. Wir unterscheiden bei if5 sechs Arbeitsorte – inspiriert von Ray Oldenburgs Third-Place-Theorie. Entscheidend ist: Jeder Mensch, jede Aufgabe braucht andere Umgebungen. Für manche Tätigkeiten reicht das Homeoffice vollkommen aus – etwa bei definierter Prozessarbeit. Projekt- oder Pionierarbeit dagegen profitiert vom Austausch und der Nähe zu Kolleg:innen – dafür braucht es das physische Büro als Begegnungsort. Und hier ist es auch mal richtig, dass der Chef die Mitarbeitenden ins Büro zitiert, aber nicht für Monkey-Business, sondern zum Beispiel für echte Kollaboration. Damit ist aber nicht der Prozessarbeiter angesprochen, sondern Projekt- und Pionierarbeitende. Unternehmen sollten deshalb keine pauschalen „Return-to-Office“-Vorgaben machen, sondern differenzieren: Welcher Arbeitstyp und welche Tätigkeit braucht welchen Ort? Die Zukunft liegt in der richtigen Mischung – individuell und organisatorisch sinnvoll.

Nachklapp Homeoffice: Macht das Homeoffice die Mitarbeitenden wirklich faul und träge?

Nein, Homeoffice macht Menschen nicht automatisch träge. Ich glaube an die intrinsische Motivation jedes Einzelnen. Gute Mitarbeitende zeichnen sich durch Selbstorganisation und Eigenverantwortung aus – das sind Grundvoraussetzungen (innere Fähigkeiten) für flexibles Arbeiten. Hier kommt Führung ins Spiel: Es ist Aufgabe der Führungskraft, zu erkennen, wer Unterstützung braucht – und wer das Homeoffice vielleicht ausnutzt. Ideale Führung basiert auf vier Elementen: idealisierter Vorbildfunktion, intellektueller Stimulation, individueller Berücksichtigung und inspirierender Kommunikation. Wer so führt, stärkt Menschen und ermöglicht Leistung – egal an welchem Ort. Natürlich gilt: Zusammenarbeit funktioniert in vielen Fällen besser vor Ort. Aber „Bürozwang“ löst keine Motivationsprobleme. Wer führen kann, muss nicht kontrollieren.

Dieser Artikel ist ein Beitrag der Zeitschrift C.ebra.

Als Dipl.-Volkswirt mit Schwerpunkt Umweltökonomie und Raumwirtschaftslehre sowie immobilienwirtschaftlichen Zusatzausbildungen hat Bernd Fels, Mitgründer von „if5 anders arbeiten“, zudem großes Interesse an nachhaltiger Regional- und Stadtentwicklung (NewRegion und NewWorkCity) mit besonderem Bezug zu Arbeits- und Lernwelten, aber auch Themenwelten wie Mobilität, Wohnen, Kultur und Community. Weitere Informationen: www.if5.org

Titelbild: Bernd Fels