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Wie Technologie die Arbeitswelt verändert: Jay Latta im Gespräch (Teil 2)

Mehrwert Büro

Jay Latta
IBA Redaktionsteam IBA Redaktionsteam ·
4 Minuten

Jay Latta ist Technologiestratege mit eigenem Thinktank. Wie kaum ein anderer versteht er es, Innovation und Tradition miteinander zu verbinden. Im ersten Teil unseres Interviews sprach die Redaktion des IBA Forum mit ihm über Innovationsfähigkeit und die Rahmenbedingungen für agiles Arbeiten. Im zweiten Teil ließ uns Jay an seiner Einschätzung der künftigen Rolle des Büros und der Auswirkungen der Disruption von Wissensarbeit teilhaben.

Hat das Büro als Ort der physischen Begegnung künftig noch eine Daseinsberechtigung und wenn ja, braucht es dann ein Smart Environment im Büro?

Büros bleiben auch in Zukunft wichtig. Schließlich brauche ich immer noch Funktionen, wo der Mitarbeiter weiß, wo er hingehen muss. Und ich brauche nach wie vor repräsentative Räume, denn nicht alles lässt sich mit Zoom, E‑Mail oder Teams abfackeln. Ich brauche es aber nicht mehr so riesig, wie es war. Das Smart Environment liefert dabei den Menschen genau das Büro, das sie benötigen. Und zwar vernetzt mit Personal Devices, die in die unternehmerische Infrastruktur eingebunden sind. Übrigens eine der Kernstärken des Metaverse wird es sein, seinen persönlichen Rückzugsraum zu generieren. Das hat Stephenson schon in Snow Crash beschrieben. Sich mit Künstlicher Intelligenz seine persönliche Welt zu erschaffen, also Räume, die einen persönlich inspirieren und die die Nähe zu den Kollegen spürbar machen. Für mich bleibt das Büro weiterhin wichtig als Anker für das Metaverse, um die Brücke vom Physischen zum Virtuellen, zum Individuellen zu schlagen.

Aktuell tun sich Unternehmen vor allem dort schwer, wo physische Präsenz und digitale Präsenz in Mixed Reality Spaces zusammengebracht werden sollen. Fällt Ihnen dazu ein gut funktionierendes Beispiel oder Vorbild aus anderen Bereichen ein?

Die meisten Konzepte, die wir in die Arbeitswelt übernehmen, kommen aus dem Gaming-Bereich. Gamer sind zu Hause in ihrer physischen Welt, tauschen sich mit anderen aus und machen virtuell gemeinsam ein Spiel. Hier funktioniert die Mixed Reality sehr gut. Und Gamification bietet die drei Ps – Purpose, Pleasure und Passion –, die ich vorhin schon angesprochen habe. Mit Gamification kann ich die physische und virtuelle Präsenz sehr gut kombinieren. Ein Beispiel aus meinem Berateralltag: Ein Pharmaunternehmen hat sich überlegt, wie es seine Mitarbeiter bestmöglich unterstützen kann. Es hat dafür zusammen mit Psychologen Apps entwickelt, die kleine Spiele sind. Die Apps messen beim Spielen permanent die Skills der Mitarbeiter und deren Veränderung. Wenn ein Mitarbeiter bspw. einen Highscore bricht, bekommt er von Human Resources Projektangebote für Module, in denen er sehr stark ist. Mit Gamification zu verstehen, was Mitarbeiter antreibt, ist aus meiner Sicht essenziell für die Zukunft der Arbeit.

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Fachleute sagen eine ganz generelle Disruption von Wissensarbeit voraus. Was werden künftige Tätigkeiten von Wissensarbeitern vor dem Hintergrund der zunehmenden Bedeutung von KI-Technologien wie ChatGPT (Generative Pre-trained Transformer) sein?

ChatGPT ist ein nettes Spielzeug, mehr aber auch nicht. Die neuen Tools, die die Arbeitswelt gerade überschwemmen, können Workflows analysieren und diese in eine KI integrieren. Das Problem mit KI ganz grundsätzlich ist aber, dass sie den Kontext nicht versteht. Ganz im Gegensatz zum Menschen, der Zusammenhänge versteht und diese mit Kreativität und Erfahrung anreichert. Wissensarbeiter werden künftig mit einer ganzen Flut an KI-Tools unterstützt werden. Dass ein Mensch von einer KI ersetzt wird, wird aber nur passieren, wenn der Mensch ersetzbar ist, sprich, wenn Arbeitsschritte repetitiv sind und sich diese in einem Workflow beschreiben lassen. Einen Mehrwert schaffen aus persönlichen Erfahrungen und Emotionen, das kann nur der Mensch. Der Mensch muss sich darauf fokussieren, worin er am besten ist. Nämlich darauf: kreativ zu sein. Dann werden KI-Tools Wissensarbeiter vor allem unterstützen, schöpferisch tätig zu sein und inhaltlich noch besser zu werden.

Jay, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Jay Latta ist Technologiestratege, Visionär und Investor mit über 35 Jahren Erfahrung in Industrie, Informationstechnologie und Innovation. Der Keynote Speaker arbeitet international auch als Tech-Journalist und hat seinen eigenen Thinktank aufgebaut. Seine Passion sind Cross-Innovationen und die Analyse komplexer Technologien und Systeme, die klare Definition umsetzbarer Erkenntnisse und die Unterstützung von C‑Suites bei der Umsetzung effektiver Technologielösungen. Mehr Informationen zu Jay Latta finden Sie hier.

Titelbild: ©Jay Latta

Teil 1 des Interviews mit Jay Latta lesen Sie hier.