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Der Arbeitsplatz von morgen: Partizipative und evidenzbasierte Bürogestaltung

Work Culture Festival

Amelie Marie Fischer und Ann Sophie Lauterbach auf der ORGATEC. Bild: IBA
IBA Redaktionsteam IBA Redaktionsteam ·
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Auf dem Work Culture Festival beleuchteten Amelie Marie Fischer und Ann Sophie Lauterbach, Forscherinnen des Future of Work Lab Konstanz, die Gestaltung des Arbeitsplatzes der Zukunft aus wissenschaftlicher Perspektive. Im Fokus stand die Frage, wie Büros nicht nur funktional, sondern auch inspirierend und gesundheitsfördernd gestaltet werden können. Sie stellten aktuelle Forschungsergebnisse vor, erläuterten die Bedeutung partizipativer Prozesse und warnten vor typischen Fallstricken bei der Umgestaltung von Arbeitsumgebungen.

Arbeitsplätze im Wandel: Von der Funktionalität zur Nutzerzentrierung

Die Gestaltung von Büros hat sich in den letzten Jahren grundlegend verändert. Standen früher vor allem Effizienz und Flächennutzung im Vordergrund, rückt heute das Wohlbefinden der Mitarbeiter immer mehr in den Mittelpunkt. Studien zeigen, dass Faktoren wie akustische und visuelle Privatsphäre, Raumtemperatur und ergonomische Arbeitsplätze entscheidend dazu beitragen, ob sich Mitarbeiter an ihrem Arbeitsplatz wohlfühlen. Dennoch bleiben viele Bürokonzepte hinter diesen Erkenntnissen zurück. Fischer und Lauterbach betonten, dass eine gut gestaltete Arbeitsumgebung nicht nur die Produktivität steigert, sondern auch das psychische und soziale Wohlbefinden fördert. Entscheidend sei es, die tatsächlichen Bedürfnisse der Mitarbeiter in den Planungsprozess einzubeziehen und Arbeitsumgebungen flexibel zu gestalten, um sie an sich ändernde Anforderungen anpassen zu können.

Hybrides Arbeiten als neue Realität

Ein zentrales Thema des Vortrags war die Veränderung der Arbeitswelt durch hybride Arbeitsmodelle. Die COVID-19-Pandemie habe das Arbeiten im Homeoffice etabliert und gezeigt, dass klassische Bürostrukturen nicht mehr zeitgemäß seien. Dennoch bleibe das physische Büro ein wichtiger Ort der Begegnung und Zusammenarbeit. Die Herausforderung für Unternehmen bestehe darin, eine Balance zwischen den Möglichkeiten der Remote-Arbeit und der Gestaltung attraktiver Büroflächen zu finden, die von den Mitarbeitern freiwillig und gern genutzt werden. Dabei spielen Faktoren wie Autonomie, Flexibilität und technologische Ausstattung eine zentrale Rolle.

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Unsicherheit im Management: Wie mit neuen Bürokonzepten umgehen?

Viele Unternehmen stehen vor der Frage, wie sie ihre Büroflächen in Zukunft nutzen sollen. In der Praxis zeigt sich laut Fischer und Lauterbach eine Unsicherheit im Management. Während einige Unternehmen ihre Büroflächen verdichten, um Kosten zu sparen, versuchen andere, ihre Mitarbeiter mit sogenannten Return-to-Office-Mandaten wieder verstärkt ins Büro zu holen. Die Forscherinnen stellten klar, dass solche Maßnahmen oft zu Unzufriedenheit und sinkender Arbeitsmotivation führen, wenn sie nicht sinnvoll begründet oder durch attraktive Anreize ergänzt werden.

Evidenzbasierte Erkenntnisse zur Bürogestaltung

Basierend auf aktuellen Studien stellten die Forscherinnen einige zentrale Erkenntnisse vor, die für die Bürogestaltung der Zukunft von Bedeutung sind:

  1. Open-Office-Konzepte sind nicht immer förderlich: Nur 4 % der Befragten sind mit ihrer visuellen Privatsphäre in Open-Office-Büros zufrieden. Gleichzeitig empfinden nur 8 % den Geräuschpegel als angenehm. Fehlende Rückzugsmöglichkeiten beeinträchtigen die Konzentration erheblich, was sich negativ auf die Produktivität auswirkt. Flexible Trennwände, akustische Maßnahmen und Rückzugsmöglichkeiten sind wichtig, um Offenheit und Privatsphäre auszubalancieren.
  2. Aktivitätsbasierte Arbeitsplätze steigern die Interaktion: Büros, die verschiedene Arbeitszonen für konzentriertes Arbeiten, kreative Prozesse und Teamkollaboration bieten, können die Interaktion zwischen den Mitarbeitern um bis zu 20 % steigern. Studien zeigen zudem, dass Unternehmen mit einer solchen Arbeitsplatzgestaltung eine um 15 % höhere Innovationsrate aufweisen. Allerdings müssen solche Konzepte genau auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter zugeschnitten sein und kontinuierlich evaluiert werden, um ihre Wirksamkeit sicherzustellen.
  3. Mitarbeiterbeteiligung ist entscheidend: Eine Studie zur Arbeitsplatzgestaltung ergab, dass Psychological Ownership – das Gefühl, aktiv an der Gestaltung beteiligt zu sein – die Identifikation mit der neuen Arbeitsumgebung um 21 % erhöht. Mitarbeiter, die frühzeitig in Veränderungsprozesse eingebunden werden, nutzen die neuen Bürostrukturen nachweislich effizienter und sind um 18 % zufriedener mit ihrem Arbeitsumfeld.
  4. Technologische Ausstattung als Schlüsselfaktor: In hybriden Arbeitsmodellen sind digitale Kommunikations- und Kollaborationstools unverzichtbar. 72 % der befragten Unternehmen gaben an, dass eine unzureichende technische Infrastruktur die größte Herausforderung bei der Umsetzung hybrider Arbeitsmodelle ist. Unternehmen sollten sicherstellen, dass Mitarbeiter Zugang zu modernen Technologien haben, die eine reibungslose Zusammenarbeit unabhängig vom Standort ermöglichen.

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Fallstricke bei der Bürogestaltung und wie sie vermieden werden können

Neben den Erfolgsfaktoren identifizierten Fischer und Lauterbach typische Herausforderungen, die Unternehmen bei der Neugestaltung von Arbeitsplätzen beachten sollten:

  • Fehlende Nutzerorientierung: Werden neue Büroflächen an den tatsächlichen Bedürfnissen der Mitarbeiter vorbei gestaltet, bleibt die Akzeptanz gering. Eine frühzeitige Einbindung durch Befragungen, Workshops oder Pilotprojekte ist unerlässlich.
  • Zu viele Veränderungen auf einmal: Eine überstürzte Umgestaltung kann Mitarbeiter überfordern. Sinnvoller ist es, Veränderungen schrittweise einzuführen und zu testen.
  • Mangel an Rückzugsräumen: Während offene, kollaborative Flächen häufig gefördert werden, fehlt es oft an ruhigen Arbeitsbereichen für konzentriertes Arbeiten.
  • Unzureichende Evaluation: Veränderungen sollten regelmäßig evaluiert und gegebenenfalls angepasst werden. Bürogestaltung ist ein kontinuierlicher Prozess, der sich an neue Anforderungen anpassen muss.

Zum Abschluss ihres Vortrags wagten Fischer und Lauterbach einen Blick in die Zukunft. Die Wissenschaftlerinnen erwarten, dass Büros weiterhin eine wichtige Rolle spielen, sich aber stärker als Hubs für soziale Interaktion und Teamarbeit etablieren werden. Flexibilität werde zunehmend zur Schlüsselkompetenz bei der Arbeitsplatzgestaltung. Zudem werde die Bedeutung von Technologie, Nachhaltigkeit und individueller Anpassbarkeit weiter zunehmen. Ihr Fazit: Der Arbeitsplatz der Zukunft ist nicht statisch, sondern ein dynamischer Raum, der sich den Bedürfnissen der Menschen anpassen muss. Erfolgreich werden die Unternehmen sein, die ihre Bürowelten evidenzbasiert und partizipativ gestalten – mit dem Ziel, nicht nur Effizienz, sondern auch Zufriedenheit und Innovationskraft zu fördern.

Work Culture Festival Impressionen

Ikonische Momente erleben Hier finden Sie eine erste kleine Auswahl an Fotos des Festivals.

Ann Sophie Lauterbach ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Future of Work Lab der Universität Konstanz und Expertin für evidenzbasierte Arbeitsplatzgestaltung. Als Arbeitspsychologin begleitet sie Praxispartner bei der Umgestaltung von Büro- und Organisationsstrukturen und bringt dabei ein Auge für Details, partizipative Prozesse und klassische Herausforderungen mit. Ihre Arbeit rund um den gesunden Arbeitsplatz wird geleitet von Erkenntnissen aus der Organisationspsychologie, Architektur, Ergonomie sowie der Managementforschung. Sie veröffentlicht ihre Erkenntnisse regelmäßig, unter anderem in der Zeitschrift für Führung und Organisation und im PERSONALquarterly (Haufe). Mehr Informationen: https://sites.google.com und https://www.linkedin.com/in/ann-sophie-lauterbach/

Amelie Marie Fischer ist PhD-Forscherin und Unternehmensberaterin mit Schwerpunkt auf Organisationskultur und Transformation. Am Future of Work Lab der Universität Konstanz erforscht sie als Engaged Scholar zukunftsfähige Arbeitsweisen und ‑welten. Amelie verbindet ihr interdisziplinäres akademisches Wissen mit praktischen Erfahrungen aus Politik, KMU sowie Consulting. Als Projektmanagerin und Agile Coach ist sie in internationalen Kultur‑, Transformations- und Technologieprojekten tätig. Ihre Leidenschaft liegt in der Verknüpfung von Forschung und Praxis, um dysfunktionale Muster in Organisationen aufzubrechen. Mehr Informationen: polver.uni-konstanz.de und https://www.linkedin.com/in/amelie-fischer/

Titelbild: © IBA