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Supported by Sound: Warum Musik die Arbeit beflügeln kann

Work Culture Festival

Walter Werzowa auf der ORGATEC
IBA Redaktionsteam IBA Redaktionsteam ·
5 Minuten

Ob im Sport, bei Ritualen oder in der Erziehung: Musik begleitet den Menschen seit je. Doch welche Rolle kann sie in der Arbeitswelt spielen? Dieser Frage widmete sich Walter Werzowa in seinem Vortrag beim Work Culture Festival. Der österreichische Komponist, Audio-Branding-Experte und Gründer der Musiktherapie-Plattform HealthTunes gab eindrucksvolle Einblicke in die Wirkung von Klang auf unser Gehirn, unser Verhalten und unseren Arbeitsalltag.

Klang als Brücke zu Konzentration und Kreativität

Gleich zu Beginn des Vortrags wurde deutlich: Musik ist weit mehr als Hintergrundgeräusch. Sie kann Emotionen lenken, kognitive Prozesse anregen, Herzfrequenz und Atmung synchronisieren und sogar Schmerzen lindern. Werzowa verwies auf zahlreiche Studien, die zeigen, wie Musik die Konzentration fördern, Stress abbauen und die Leistungsfähigkeit steigern kann. „Aus der Medizin wissen wir, dass der richtige Sound sogar epileptische Anfälle reduzieren kann – warum sollten wir das nicht auch im Arbeitsalltag nutzen?“ Seine Plattform HealthTunes bietet über eine App individuell anpassbare Musiktherapieprogramme – von Jazz über Klassik bis Techno, je nach Bedarf und persönlicher Vorliebe. Denn, so Werzowa: „Was uns guttut, muss nicht jedem gefallen, aber es muss uns erreichen.“

Musik schafft Atmosphäre – und verbindet Menschen

Ein besonderes Augenmerk legte Werzowa auf die Rolle der Musik für zwischenmenschliche Beziehungen im Unternehmen. Er sprach über die Kraft des Klangs, Verbindungen zu schaffen – auch zwischen Menschen, die sich in anderen Zusammenhängen nie begegnen würden. „Ein Orchester zeigt uns: Menschen aus völlig unterschiedlichen Welten können gemeinsam etwas schaffen, wenn sie einem Takt folgen.“ Diese Kraft ließe sich auf die Arbeitswelt übertragen: Musik in Pausenräumen, morgendliche Klangrituale oder gezielte Playlists für bestimmte Aufgaben könnten Teams emotional synchronisieren und den Tag strukturieren. Werzowa betonte, dass Musik auch in hybriden Arbeitswelten ein niedrigschwelliges Mittel sein könne, um emotionale Nähe herzustellen. „Es braucht nicht viel. Manchmal reichen zehn Minuten Musik am Morgen, um anders in den Tag zu starten. Und plötzlich kommt man ins Gespräch über Gefühle, über Erinnerungen, über das, was einen antreibt.“ Musik, so Werzowa, ermögliche eine Art der Kommunikation, die jenseits von Rollen und Hierarchien funktioniere. „Gemeinsames Hören kann mehr verbinden als viele Meetings.“ Gerade deshalb plädiert er dafür, Klang bewusst als soziales Gestaltungselement im Arbeitsalltag einzusetzen, nicht nur über Lautsprecher, sondern auch in Form von Sounddesign in Räumen, Projekten und Markenwelten.

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Therapie trifft Technologie: HealthTunes in der Praxis

Besonders eindrücklich war Werzowas Bericht über den Einsatz von Musik im medizinischen Kontext. So zeigte er ein Video, in dem die Herzfrequenz eines Frühgeborenen durch gezielte Klangimpulse in Echtzeit stabilisiert wurde. Grundlage dieser Technik ist das Prinzip des „Entrainments“: Die Frequenz von Körperprozessen passt sich der Musik an und reguliert sich dadurch gleichzeitig. HealthTunes nutzt diese Prinzipien evidenzbasiert: Die App liefert über Kopfhörer oder Raumklangsysteme gezielt Musikinhalte für Menschen mit Schlafproblemen, Angststörungen, Konzentrationsschwierigkeiten oder Stress. Unternehmen wie WellStar Health in den USA setzen die Plattform bereits ein – mit positivem Feedback von Mitarbeitern und Management.

Sounddesign für den Arbeitsplatz der Zukunft

Werzowa appellierte an Architekten, Designer und Unternehmensverantwortliche, Klang als integralen Bestandteil moderner Arbeitsumgebungen zu begreifen. „Klang ist Raum. Er beeinflusst, wie wir uns in einem Raum fühlen, wie wir uns verhalten und wie wir miteinander interagieren.“ Vor allem immersive Audiosysteme mit 360-Grad-Klang würden in Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Dabei gehe es nicht darum, eine Dauerbeschallung zu erzeugen. Vielmehr seien sensibel abgestimmte Klanglandschaften gefragt, die je nach Situation aktivieren, beruhigen oder inspirieren können. „Musik kann zum Gestaltungselement werden wie Licht oder Farbe.“ Klang sei also nicht nur akustisches Beiwerk, sondern ein bewusst eingesetztes Werkzeug der Raumgestaltung. Ob Rückzugsräume, Kreativzonen oder Eingangsbereiche: Gezielte Klanginszenierungen könnten die Wahrnehmung und Nutzung von Arbeitsumgebungen maßgeblich beeinflussen. Entscheidend sei, so Werzowa, dass Sounddesign Teil des gesamten Raumkonzepts werde – frühzeitig mitgedacht, sorgfältig geplant und individuell angepasst.

Künstliche Intelligenz und die Zukunft der Musik

Auch das kreative Potenzial von Künstlicher Intelligenz war Thema von Werzowas Vortrag. Am Beispiel seines viel beachteten Beethoven-Projekts – bei dem KI auf Grundlage historischer Skizzen eine vollendete 10. Sinfonie generierte – verdeutlichte er, wie Technologie kompositorische Prozesse erweitern kann. „KI ersetzt Kreativität nicht, aber sie bietet neue Wege, sie zu entfalten“, so Werzowa. Wichtig sei es, KI nicht nur als Werkzeug, sondern als Partner im kreativen Prozess zu begreifen: Algorithmen könnten auf musikalische Muster reagieren, sie analysieren und weiterdenken – und so Impulse liefern, auf denen der Mensch intuitiv aufbauen könne. Diese Form der „kollaborativen Intelligenz“ ließe sich auch auf andere Bereiche übertragen: bei der Entwicklung von Lernformaten, in der Markenkommunikation oder bei der Begleitung von Veränderungsprozessen. Für Unternehmen bedeute das: Musik – ob von Menschen oder Maschinen mitgestaltet – kann ein Schlüssel sein, um emotionale Resonanzräume zu schaffen, in denen Innovation entstehen kann. In Zeiten ständiger Optimierung gehe es nicht nur um Effizienzsteigerung, sondern auch um eine bewusst gestaltete Atmosphäre, die menschliche Bedürfnisse ernst nehme.

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Walter Werzowa ist Komponist, Audio-Branding-Experte und Gründer der Musiktherapie-Plattform HealthTunes. Er wurde unter anderem durch das Intel-Soundlogo und die KI-gestützte Vervollständigung von Beethovens 10. Sinfonie bekannt. Aktuell ist er Head of Music bei „Mythos Mozart“ und lehrt Filmmusik an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien. Werzowa verbindet künstlerische Kreativität mit technologischem Know-how – mit dem Ziel, Klangwelten zu schaffen, die Menschen berühren, heilen und inspirieren. Weitere Informationen: healthtunes.org

Titelbild: © IBA