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UNTERNEHMEN IM WANDEL

Arbeitswelt 4.0 in der Schweiz

Mit der Frage, was die viel beschworene Arbeitswelt 4.0 ausmacht und auf welchem Stand Unternehmen in der Schweiz bei ihrer Umsetzung sind, beschäftigte sich im Jahr 2019 ein Forscherteam des Lehrstuhls der Wirtschaft an der Fachhochschule der Nordwestschweiz. Sein besonderes Augenmerk lag dabei auf kleinen und mittelständischen Betrieben (KMU).

Die Arbeitswelt 4.0 definieren die Autoren der Studie als eine strategische Initiative von Unternehmen mit dem Ziel, die Potenziale ihrer Mitarbeiter freizusetzen.

Eckpfeiler der Arbeitswelt 4.0

Auf der Grundlage einer Literaturrecherche und einer Befragung von insgesamt 1.144 Unternehmen identifizierten die Studienautoren drei Säulen der neuen Arbeitswelt:

  • People (Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen)
  • Place (Arbeitsumfeld)
  • Technology (Technologien)
Das Zusammenspiel muss passen.
Das Zusammenspiel muss passen.

People

Mit Blick auf die Mitarbeiter ist der Erfolg neuer Konzepte demnach im Wesentlichen von der Unternehmens- und Führungskultur, der Zusammenarbeit der Beschäftigten, der Reputation des Unternehmens als Arbeitgeber sowie der Aus- und Weiterbildung der Beschäftigten abhängig. Die am dringendsten benötigten Kompetenzen der Beschäftigten sind Lernfähigkeit, Veränderungsbereitschaft, Flexibilität sowie Teamorientierung und Kooperationsfähigkeit.

Place

Nach Einschätzung von zwei Dritteln aller befragten Unternehmen basiert ein modernes Arbeitsumfeld auf flexiblen Arbeitszeiten, die als logische Folge neue Organisationsstrukturen (z. B. virtuelle Teams) nach sich ziehen. Bei der Gestaltung des physischen Arbeitsplatzes stehen direkt erlebbare Aspekte wie Licht, Temperatur und Akustik im Fokus. Darüber hinaus verweisen die Ergebnisse der Studie auf die große Bedeutung von Begegnungszonen sowie Orten für Zusammenarbeit und die Verpflegung der Beschäftigten.

Technology

Die Liste der als relevant erachteten Technologien umfasst Hardware (Notebooks, Tablets, Wi-Fi, VoIP und Konferenzsysteme) sowie eine große Bandbreite von Software-Anwendungen (Kollaborationstools, Cloud-Plattformen, CRM- und Dokumentenmanagementsysteme, ERP-Lösungen, Instant Messaging und Online-Lernplattformen).

Der physische Arbeitsplatz

Damit könnte theoretisch von überall her gearbeitet werden. Trotzdem sehen die Studienmacher im gemeinsamen Arbeitsort einen wichtigen Faktor der Arbeitswelt 4.0. Er bildet den Rahmen für intensiven Austausch, für Inspiration und Netzwerken. Hervorzuheben sei die effizienzsteigernde Wirkung von Nähe und Sichtbarkeit der Mitarbeiter untereinander, denn der persönliche Austausch sei sehr viel direkter, präziser und schneller als die Kommunikation via E‑Mail und Telefon. Damit behalte das Büro auch in der Arbeitswelt 4.0 seine Bedeutung. In vielen Unternehmen sei jedoch eine Umgestaltung der Räumlichkeiten erforderlich.

Austausch, Inspiration und Netzwerken sind wichtige Funktionen des physischen Arbeitsorts
Austausch, Inspiration und Netzwerken sind wichtige Funktionen des physischen Arbeitsorts

Stand der Umsetzung

Wie die Befragung zeigt, ist die Arbeitswelt 4.0 für die meisten Unternehmen in der Schweiz noch eine relativ Unbekannte. Lediglich 12 % gaben an, dass sie bereits ein fortgeschrittenes Stadium erreicht hätten. 45 % befinden sich gerade in der Transformation und 43 % haben sie noch vor sich. Dabei sind kleine und mittelständische Unternehmen nach eigener Einschätzung auf dem Weg zu neuen Arbeitsformen etwas weiter fortgeschritten als Großunternehmen. Unter ihnen geben 13 % an, die Herausforderungen gemeistert zu haben, bei den Großunternehmen können das erst 8 % von sich sagen.

Zu den wichtigsten Barrieren gehören nach den Erfahrungen der befragten Unternehmen fehlendes Know-how (42 %) und eine traditionell eher starre Organisationsstruktur (41 %). Weitere Faktoren, die Maßnahmen zur Umgestaltung verzögern oder gar verhindern können, sind anderweitige Prioritäten (35 %), das Fehlen einer passenden Strategie (33 %) und Personalmangel (33%). Hierbei unterscheiden sich KMU und größere Unternehmen kaum.

Trotz dieser Hindernisse ist damit zu rechnen, dass die Unternehmen in der Schweiz den Wandel künftig mit größerem Nachdruck vorantreiben werden. Als Motive dafür nannten die Befragten Innovationsdruck (66 %) sowie die Notwendigkeit zur Verbesserung der internen Kommunikation (64%) und des Erreichens von mehr Flexibilität (55 %). Die Steigerung der eigenen Attraktivität als Arbeitgeber (54 %) und die Notwendigkeit, die eigene Organisation kundenfreundlicher zu gestalten (50 %), sind weitere Ziele, die mit der Arbeitswelt 4.0 in Verbindung gebracht werden.

INFORMATIONEN ZUR STUDIE

Die Ergebnisse der Studie der Fachhochschule Nordwestschweiz/Hochschule für Wirtschaft wurden veröffentlicht unter Marc K. Peter (Hrsg.), „Arbeitswelt 4.0 – Als KMU die Arbeitswelt der Zukunft erfolgreich gestalten“, 2019.
Die Dokumentation kann unter https://www.arbeitswelt-zukunft.ch/ bezogen werden.

Basis der Studie bildeten eine umfangreiche Literaturrecherche und eine Befragung von insgesamt 1.144 Unternehmen. 774 Befragte gehörten zu der Gruppe der KMU.

Veröffentlichungen: 2019

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