IBA sprach in seinem Format „5 Fragen an …“ mit Kira Marie Cremer, New-Work-Expertin und Podcast-Host von „New Work Now“, über die Herausforderung für Unternehmen, die Bedürfnisse unterschiedlicher Arbeitnehmergenerationen auszutarieren, und über die Frage, wie gutes Generationenmanagement gelingen kann.
Aktuell befinden sich mindestens vier Generationen im Arbeitsleben: Babyboomer, Gen X, Gen Y, Gen Z. Ziemlich schwierig für Unternehmen, allen gerecht zu werden. Wie kann es Unternehmen gelingen, die Anforderungen und Bedürfnisse aller auszutarieren?
Der öffentliche Fokus liegt derzeit sehr stark auf der Generation Z. Meiner Meinung nach sollten aber alle Generationen in die Diskussion um Mitarbeitendenbedürfnisse einbezogen werden. Ich verwende in diesem Zusammenhang gerne den Begriff des Generationenmanagements. Hier geht es vor allem um das Management von Glaubenssätzen, Prägungen, Lebensvorstellungen, Mindset und Erwartungen. Unternehmen sollten ihre Mitarbeitenden aktiv ins Generationenmanagement integrieren, indem sie regelmäßig Umfragen durchführen, Teamwork fördern und auf Altersdiversität achten. Es gibt übrigens viel mehr Gemeinsamkeiten zwischen den Generationen, als man denkt. Laut einer Studie von Vanessa Jobst-Jürgens sind die folgenden Aspekte in der Arbeitswelt allen Generationen gleich wichtig: 72 % der Befragten streben nach Innovation, 80 % wollen mehr Anerkennung und 79 % wünschen sich Angebote bei ihrer persönlichen Weiterentwicklung. Hier gibt es keinen, wie man vielleicht vermuten würde, abfallenden Wert bei den älteren Generationen.
Wie müssen sich HR-Abteilungen künftig aufstellen, um Generationenmanagement und Altersdiversität zu implementieren?
Ich bin ein Fan davon, anderen gute Beispiele mit auf den Weg zu geben. Es gibt ein Best Practice der Deutschen Bahn, die das Thema „Multigenerationalität“ in ihrer HR-Strategie implementiert hat. Die Deutsche Bahn lebt Generationenmanagement unternehmensweit und bietet unterschiedliche Maßnahmen in den Kategorien Veranstaltungen, Weiterbildung, Vernetzung und Entwicklung an. Dazu zählen „Lunch and learn“-Events, Führungskräfte-Workshops, Wissenstransfer-Trainings oder Selbsttests für Mitarbeitende, um nur einige zu nennen. Die Deutsche Bahn verfolgt dabei einen erweiterten Diversity-Ansatz im Sinne von „Diversity of Minds“ und sieht verschiedene Persönlichkeiten, Werte, Berufserfahrungen, Kompetenzen und Perspektiven ihrer Mitarbeitenden als Benefit für das Unternehmen an. Mit dieser Meinung ist die Deutsche Bahn nicht allein. Es gibt eine Studie der Universität Luzern, die belegt, dass über zwei Drittel der Unternehmen Generationenmanagement als wichtig oder sehr wichtig erachten, sie aber Unterstützung bei der Umsetzung benötigen. Es besteht Handlungsbedarf, dennoch mangelt es oftmals an der konkreten Umsetzung. Mein Tipp an dieser Stelle: Unternehmen sollten sich nicht scheuen, sich von externen Fachleuten Unterstützung zu holen.
Das Ausscheiden älterer Arbeitnehmender wird in einigen Jahren den Fachkräftemangel noch beschleunigen. Was können Unternehmen tun, um sich für jüngere Generationen als attraktive Arbeitgeber zu positionieren?
Das Angebot flexibler Arbeitszeitmodelle spricht die junge Generation an. Unternehmen, die bei den Arbeitszeiten auf die individuellen Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden eingehen, können richtig punkten. Ich war zum Beispiel selbst lange Sidepreneurin und habe 60 % als Angestellte und 40 % als Soloselbständige gearbeitet. Das gab mir einerseits Sicherheit, ließ mir aber auch Raum, mich frei zu entfalten, was mir sehr gutgetan hat und meinem Mindset entspricht. Ein zweiter Aspekt ist das Angebot von Weiterbildungsmöglichkeiten. Nicht umsonst führt die Megatrend-Map vom Zukunftsinstitut Life Long Learning als einen Unterpunkt von New Work auf. Ein dritter wichtiger Punkt ist für mich das Employer Branding. Aktiv Kanäle wie LinkedIn zu nutzen, Mitarbeiter zu ermutigen, selbst Beiträge zu schreiben oder auch gezielt Markenbotschafter als Corporate Influencer einzusetzen, kann die Arbeitgeberattraktivität erhöhen.
„Ich finde, man muss jungen Menschen die Möglichkeit geben, sich selbst auszuprobieren. Die Zeit ist vorbei, dass man 30 Jahre lang im selben Unternehmen bleibt. Dieser Illusion sollte sich kein Unternehmen mehr hingeben.“ Kira Marie Cremer
Welche Rolle übernimmt dabei die Unternehmenskultur?
Unternehmenskultur ist für mich ein ganz zentrales Element, um neue Talente zu gewinnen und Mitarbeitende zu binden. Und das nicht nur in der Kommunikation nach außen, sondern auch durch Aktivitäten im Innern. Unternehmenskultur schafft man vor allem dadurch, indem man sich physisch trifft. Denn obwohl wir gelernt haben, dass remote vieles klappt, so haben die letzten Jahre doch vor allem gezeigt, was uns gefehlt hat. Nämlich coole Teamevents, der Austausch mit Kollegen und das Gemeinschaftsgefühl. Hier kann Unternehmenskultur ein sicherer Anker sein und zu Zufriedenheit und Wohlbefinden der Mitarbeitenden beitragen.
Wie wichtig ist bei einer generationenübergreifenden Zusammenarbeit die persönliche Begegnung im physischen Raum und welche Voraussetzungen braucht es deiner Meinung nach dafür?
Persönliche Begegnungen im Büro finde ich sehr wichtig, um Wissen und Erfahrungen generationenübergreifend auszutauschen. Was es für mich braucht, ist vonseiten der Unternehmen, auf die persönlichen Bedürfnisse der Mitarbeitenden zu achten und sie konkret danach zu fragen, welche Räume sie benötigen, um gerne und auch wieder öfter ins Büro zu kommen. Nicht jeder kann und mag in Open Spaces arbeiten, weswegen auch hier eine Diversität an Raumangeboten da sein sollte. Und nicht nur das: Unternehmen könnten auch mit Goodies arbeiten, um Mitarbeitende für das Büro zu begeistern. Einer meiner Kunden bietet zum Beispiel jeden Freitag ein Frühstück für das gesamte Team im Büro an. Ein schönes Event, an dem viele Mitarbeitenden, ob Jung oder Alt, gerne teilhaben.
Kira Marie, wir danken dir für das Interview.