Unternehmenskultur war eines der Top-Themen der New Work Experience 2022 in Hamburg. Moderatorin Swantje Allmers, CEO bei der NWMS GmbH, sprach in einer Panel-Diskussion mit dem Unternehmensberater Fabian Kienbaum, der in seiner Beratungsfirma den Posten des Co-Chief Empowerment Officer innehat, der Vorstandsvorsitzenden der NEW WORK SE, Petra von Strombeck, und Zuzana Blazek, die als Senior Researcher am Institut für Wirtschaft Köln (IW) und im Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA) tätig ist. Ihr Thema: neue Anforderungen an das Personalwesen, Unternehmenskultur und die Frage, welche Faktoren sich produktivitätssteigernd auswirken können.
Der demografische Wandel, die Tatsache, dass die Baby-Boomer aus Altersgründen den Arbeitsmarkt verlassen, das damit verbundene Ausscheiden von fünf Millionen Arbeitnehmern bis zum Jahr 2030 und das daraus resultierende Phänomen der „Arbeiterlosigkeit“ stellen Unternehmen vor große Probleme. Eine Konsequenz: Eine Steigerung ihrer Produktivität ist unumgänglich.
Mehr Produktivität durch Passgenauigkeit, Sinn und eine aktive Fehlerkultur
Laut Zuzana Blazek gibt es unterschiedliche Stellschrauben für Unternehmen, die Produktivität zu erhöhen. Mitarbeiter ihren Stärken entsprechend einzusetzen und damit die Passgenauigkeit im Job zu erhöhen sei ein möglicher Hebel auf Unternehmensseite, ebenso wie die Etablierung einer aktiven Fehlerkultur sowie das Empowerment der Mitarbeiter und die Förderung ihrer Eigenverantwortung. Blazek ging dabei auf die Ergebnisse einer Grundlagenstudie aus dem Jahr 2021 ein, die das Institut für Wirtschaft gemeinsam mit StepStone, der NEW WORK SE und der Unternehmensberatung Kienbaum zu Produktivität, Innovation und Beschäftigung durchgeführt hatte.
Die Studie, bei der 8.000 Erwerbstätige in Deutschland, darunter 2.400 Führungskräfte, befragt wurden, zeige, dass nur etwa jeder Fünfte seine Kompetenzen bestmöglich in seinem Job einsetzen und damit auch entsprechend produktiv sein könne. Die Sinnhaftigkeit einer Aufgabe ist für die Forscherin ein wesentliches Mittel, um Kündigungen vorzubeugen. Derzeit denke jeder Vierte aktiv darüber nach, seinen Arbeitgeber zu wechseln. Damit gehe es zunächst einmal darum, Produktivitätsverlust durch Kündigung zu vermeiden. Für eine Produktivitätssteigerung seien darüber hinaus aber auch eine Verbesserung der Passgenauigkeit von Mitarbeiterkompetenzen und Arbeitsaufgaben sowie eine Verbesserung der Innovationsfähigkeit in Unternehmen notwendig. Vielfalt, Diversität und internationale Teams könnten Kreativität und Innovationsgeist fördern.
Fokus auf Unternehmenskultur
Aktiv an der Unternehmenskultur zu arbeiten und ein Umfeld zu schaffen, in dem sich Menschen wohlfühlen und ihre Kompetenzen bestmöglich zur Geltung bringen können, ist für Petra von Strombeck eine der zentralen Zukunftsaufgaben von Unternehmen. Durch hybride Arbeitsmodelle sei das Büro noch mehr zum Ort sozialer Interaktion geworden, an dem ein „Auftanken der Unternehmenskultur“ und gemeinsame Erlebnisse möglich werden. Es geht für von Strombeck verstärkt darum, Büros als Orte der sozialen Interaktion zu inszenieren, Mitarbeiter aktiv in Kulturprozesse einzubinden, Partizipation zu ermöglichen und mehr Kommunikation zwischen Führungskräften und Mitarbeitern zu etablieren. Die Arbeit im Büro könne so als wirksamer Hebel für mehr Produktivität dienen, so die Vorstandsvorsitzende der NEW WORK SE, schließlich entstehe Unternehmenskultur in der täglichen Arbeit in den Teams.
Lebenslanges Lernen, Re- und Upskilling
Human-Resources-Abteilungen stehen somit vor großen Herausforderungen. Fachkräftemangel und demografischer Wandel führen künftig zu neuen Schwerpunkten und zu einer Veränderung der HR-Aufgaben. Für Fabian Kienbaum geht der Trend hin zu mehr Dialog und Persona-Marketing, aber auch zu einer generellen Zunahme der Bedeutung von Mitarbeiterbindung. Lebenslanges Lernen und eine Entwicklung von Mitarbeitern entlang ihrer Kompetenzen wird ebenso auf dem Programm von Personalabteilungen stehen wie mehr Freiraum zum Lernen und individuellere Fortbildungsmöglichkeiten. Auf einem Talentmarkt, in dem Unternehmen immer weniger Arbeitskräfte zur Verfügung stehen, muss zukünftig interne Mobilität neu interpretiert werden. Mitarbeiter entlang ihrer individuellen Stärken zu entwickeln, Passung besser auszuspielen, Möglichkeiten zur Jobrotation anzubieten und Mitarbeitern größtmögliche Autonomie zu gewähren – dies wird, Kienbaum zufolge, zum Erfolgsfaktor für HR-Abteilungen. Upskilling und Reskilling, die Aneignung neuer Kompetenzen und eine Talentbildung, die mehr ist als reine Berufsausbildung, führen, so der Co-Chief Empowerment Officer, dazu, dass Karriere künftig neu gedacht wird. Für Kienbaum sind dabei diejenigen Unternehmen im Vorteil, die ein attraktives Lernumfeld schaffen und eine dazu passende Kultur leben.
Lebenslanges Lernen wird künftig notwendiger denn je. Es zu gestalten, in einem kulturellen Umfeld, das Freiräume zugesteht und Produktivitätssteigerungen anhand individueller Stärken zulässt, wird, da waren sich die Teilnehmer der Panel-Diskussion einig, das Gebot der neuen Zeit.
Titelbild:
Fabian Kienbaum, Swantje Allmers, Zuzana Blazek, Petra von Strombeck (v.l.n.r.). Das Foto wurde am 20. Juni 2022 aufgenommen. Bild: NEW WORK SE
Der gesamte Vortrag wird von der NEW WORK SE unter diesem Link zum Nachhören bereitgestellt.