Kommunikation, Kollaboration und Ko-Kreation. Die neue Arbeitswelt ist geprägt durch gemeinschaftliche Prozesse. Der folgende Beitrag befasst sich am Beispiel der Arbeitsplatzgestaltung mit der Ko-Kreation oder englisch Co-Creation und den Voraussetzungen für ihr Gelingen.
Der technische Fortschritt erweitert die Spielräume
Co-Creation bezeichnet die „Einbeziehung des Kunden in die Produktgestaltung bzw. ‑erstellung. Die Co-Creation kann dabei von der Integration von Kundenideen in den Produktentstehungsprozess über die Ideenauswahl durch Kunden bis hin zur kundenindividuellen Gestaltung gehen. Bsp.: Lego Ideas“, entnommen aus Gabler-Online-Wirtschaftslexikon
Im B2B-Bereich war es schon immer ein probates Mittel, Produkte und Services gemeinsam mit Kunden und späteren Nutzern zu entwickeln. Bei der Produktentwicklung im Bereich B2C kamen Kunden dagegen lange nur als Durchschnittswerte oder maximal noch als Typen oder Personas vor. Das ändert sich gerade. Neue Technologien machen es möglich, auch Massenprodukte maßzuschneidern. Gleichzeitig übernehmen immer mehr Produkte Zusatzfunktionen, wodurch nicht nur die Variantenvielfalt, sondern auch die Komplexität der Entwicklungsprozesse zunimmt. Kein Wunder also, dass immer mehr Unternehmen die späteren Nutzer ihrer Produkte in die Entwicklung einbinden. Entscheidungsprozesse dauern damit zwar meist länger, doch wird die Gefahr von Fehlschlägen und Fehlinvestitionen deutlich reduziert. Grund genug, die Methoden der Ko-Kreation auch bei unternehmensinternen Prozessen anzuwenden – beispielsweise bei der Gestaltung von Arbeitsplätzen.
Neugestaltung von Büros als Ko-Kreationsprozess
Die Gestaltung von Räumen eignet sich sehr gut, um Ko-Kreationsprozesse zu erproben. Die Aufgabenstellungen sind meist gut abgrenzbar, und der Erfolg der Maßnahmen ist leicht zu erkennen.
Am Anfang des Planungsprozesses steht typischerweise eine Bedarfsanalyse mit Befragung der späteren Nutzer. Darin werden Kommunikationsströme erfasst, Spezifika der jeweiligen Tätigkeiten und individuelle Präferenzen. Die anschließende Konzeptentwicklung kann in Stufen erfolgen, in denen die Beschäftigten immer wieder einbezogen werden und Einfluss auf die weitere Umsetzung nehmen können. Der Nutzen dieses Vorgehens ist offensichtlich. Die Beschäftigten kennen die Anforderungen an ihre Arbeitsumgebung am besten. Mindestens genauso wichtig ist die motivierende Wirkung, die gerade für die Arbeitsplatzgestaltung sehr gut belegt ist.
Der im englischen Exeter beheimatete Psychologe Dr. Craig Knight forscht seit vielen Jahren zu diesem Thema. Dabei zeigte sich in den Studien immer wieder, dass sich durch die Einbindung von Beschäftigten in die Arbeitsplatzgestaltung nicht nur Wohlbefinden und Engagement der Mitarbeiter steigern lassen, auch die Produktivität steigt um beachtliche 35 Prozent. Darüber hinaus nahm die Fähigkeit, mit neuen, frischen Ideen zu Problemlösungen beizutragen, um 19 Prozent zu. Beide Effekte waren auch noch längere Zeit nach Umsetzung der Maßnahmen messbar.
Erkenntnisse aus der Wissenschaft nutzen
Damit es zu den genannten Effekten kommen kann, sind jedoch einige Einflussfaktoren zu berücksichtigen. Wenn Ziele und Rahmenbedingungen zumindest grob definiert sind, gilt es die Projektteams zusammenzustellen und diese mit den notwendigen Befugnissen auszustatten. Dieser Aspekt ist weniger trivial als es zunächst scheinen mag; schließlich zielen die meisten Ko-Kreationsprozesse darauf, dass neue Ideen entstehen und nicht nur über Altbekanntes abgestimmt wird. Als hilfreich kann sich daher die Berücksichtigung von Erkenntnissen aus der Kreativitätsforschung erweisen. Beispielhaft seien hier zwei bekannte Modelle zur Erklärung von Kreativität und zwei jüngere themenspezifische Untersuchungen genannt, die zeigen, wie Kreativität zielgerichtet gefördert werden kann:
1. das modell von michael a. west
Das Modell von Michael A. West (2002) betont die Bedeutung der Diversität innerhalb der Gruppenzusammensetzung. Dabei geht es um unterschiedliche Kenntnisse und Fähigkeiten ebenso wie um die persönliche Verschiedenheit. Demnach erhöht eine große Varianz, beispielsweise im Hinblick auf Alter und Hierarchiestufen, die Chance auf Kreativität. Andererseits steigt damit auch die Gefahr von Konflikten, weshalb meist eine Moderation zumindest einzelner Prozessschritte sinnvoll ist.
2. teresa m. amabile und kollegen (1997)
Teresa M. Amabile und Kollegen (1997) betonen, dass Kreativität sowohl aus persönlichen Merkmalen der Beteiligten, etwa durch Kenntnisse oder Motivation, entsteht, als auch durch die Organisation befördert werden kann. Dafür bedarf es zunächst einmal herausfordernder Aufgaben. Bezogen auf die Kreation einer neuen Arbeitsumgebung bedeutet das, dass es wenig Sinn macht, nur über Kleinigkeiten abstimmen zu lassen. Benötigt werden zudem ausreichende materielle Ressourcen, zum Beispiel Zeit und Arbeitskräfte, sowie die Unterstützung der Vorgesetzten.
3. das modell von michael a. west
Auch das in die Teams gesetzte Vertrauen spielt eine zentrale Rolle. Jürgen Glaser und Britta Herbig (2008) konnten in einem Forschungsprojekt im Auftrag der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAUA) nachweisen, dass die Übertragung zusätzlicher Verantwortung und die Gewährung von Autonomie einen signifikanten Einfluss auf die Kreativität der Betroffenen hat.
Wie kann sie also aussehen, diese offensichtlich so wichtige Unterstützung durch die Vorgesetzten bzw. die Organisation? Craig Knight ging in seinen Feldforschungen den Weg, den Teams externe Spezialisten – Architekten, Organisationsberater oder Planer – an die Seite zu stellen, und bezeichnet das dann als (Super-)Empowerment.
Räume als Testfeld und als Ausgangspunkt
All diese Punkte sind selbstverständlich nicht auf die Ko-Kreation von Räumen beschränkt. Sie lassen sich auch auf andere Themen anwenden. Doch die Gestaltung von Räumen ist ein gutes Feld, um Ko-Kreationsprozesse einzuüben und die hierbei gemachten Erfahrungen auf andere Themen auszuweiten – gegebenenfalls sogar auf die Zusammenarbeit mit eigenen Kunden. Vielleicht ist es ja eine gute Idee, die Entwicklung neuer Arbeitswelten in den Räumen zu starten, die in Zukunft für die gemeinsame Entwicklung von Ideen und Problemlösungen genutzt werden sollen. Inspirationen dazu gibt es in den Co-Areas in den IBA Forum Showrooms.