Im Rahmen der Einweihung der Deutschlandzentrale hatte die IBA Forum Redaktion die Gelegenheit, mit Ralf Hengels, Personalvorstand Deutschland, zu sprechen. Was New Work für Nestlé bedeutet, wie das Unternehmen den Veränderungsprozess meistert und welche räumlichen Angebote die Beschäftigten im „Kreisler“ im Frankfurter Gutleutviertel nutzen können, erfahren Sie im Folgenden.
Herr Hengels, was bedeutet New Work für Nestlé und was hat das mit Ihrer Unternehmenskultur zu tun?
New Work ist für uns bei Nestlé ein großes, aber bewusst vielseitig interpretiertes Konzept. Es geht nicht nur darum, eine klare Definition für New Work zu haben, sondern vielmehr darum, wie wir die Prinzipien für unseren Kulturwandel nutzen. Dieser Wandel hat vor einigen Jahren begonnen und zielt darauf ab, die Zusammenarbeit in unseren Teams zu stärken. Wir legen großen Wert darauf, dass unsere Mitarbeiter:innen mehr Zeit haben, sich auszutauschen und besser kennenzulernen, um gemeinsam zu reflektieren, wie unsere Zusammenarbeit noch verbessert werden kann.
Im Zuge dieser Transformation haben wir eine neue Unternehmenssprache entwickelt und eine Lern- und Fehlerkultur etabliert, die Raum für „Test and Learn“-Ansätze schafft. Das bedeutet, dass wir verstärkt agiles Arbeiten und digitale Prozesse fördern. Wir haben bewusst darauf verzichtet, unsere Arbeitskultur strikt unter dem Banner von New Work zu führen; vielmehr geht es uns darum, unsere Art der Zusammenarbeit kontinuierlich zu verbessern und Hierarchien abzubauen.
Unser neues Gebäude ist für uns ein starkes Symbol dieser Veränderung – es ist anfassbar und sichtbar, wie etwa die zentrale „Wandeltreppe“, die den Austausch über Abteilungsgrenzen hinweg fördert. Das Gebäude steht für eine lockere, moderne und crossfunktionale Vernetzung, in dem alte Strukturen wie Einzelbüros und Hierarchien keine Rolle mehr spielen. Selbst bei der Namensgebung unserer neuen Arbeitsbereiche haben wir darauf geachtet, dass sie nahbar und ansprechend wirken, frei von starren oder bürokratischen Begriffen.
Auch unsere Unternehmenskultur ist deutlich zugänglicher geworden. Wo vor Jahren noch Anzug, Krawatte und Siezen üblich waren, pflegen wir heute eine lockere, offene Arbeitsatmosphäre, die den Kontakt untereinander fördert. Das verstehen wir unter New Work – kein starres Konzept, sondern die kontinuierliche Weiterentwicklung der Zusammenarbeit hin zu mehr Transparenz, Nähe und Modernität. Unser Ziel ist es, unsere Mitarbeiter:innen auf diesem Weg mitzunehmen und ihnen die Veränderungen im persönlichen Dialog nahezubringen – auch wenn diese nicht immer nur positiv sind.
Wie fördert das neue Raumkonzept Kreativität und Flexibilität?
Wir haben im neuen Gebäude zahlreiche aktivitätsorientierte Arbeitsbereiche geschaffen, die sich an unterschiedliche Bedürfnisse anpassen lassen. So gibt es auf allen Etagen Werkstätten und flexible Zonen, die speziell für Teamarbeit und Brainstorming konzipiert wurden. Diese Räume sind so gestaltet, dass sie zum Austausch und zur Ideenfindung anregen – weg von den traditionellen Tisch- und Laptop-Settings, in denen oft jeder für sich arbeitet. Stattdessen gibt es offene Lounges mit Flipcharts und beschreibbaren Wänden, an denen spontan Ideen festgehalten werden können. Auch die Ideenschmiede in unserem obersten Stockwerk, der Elf, bietet vielfältige Möglichkeiten für kreatives, kollaboratives Arbeiten. Die Flexibilität der Räume ermöglicht es, bei Bedarf neue Arbeitsplätze auszuprobieren, je nachdem, welche Umgebung die Teams für das aktuelle Projekt oder die Aufgabe benötigen. So fördern wir das aktive Test and Learn, bei dem Mitarbeiter:innen verschiedene Bereiche und Arbeitsweisen ausprobieren können, um das Beste aus den neuen Möglichkeiten herauszuholen.
Wie wurden die Beschäftigten in den Prozess eingebunden?
Wie immer bei Change ist Einbindung das A und O. Rund 200 Kolleg:innen arbeiteten neben ihrem regulären Job in Arbeitsgruppen an Themen wie dem Gastronomiekonzept, den Details der Bürogestaltung und der Möbelwahl. Sie fungierten als Botschafter:innen, die das Feedback aus den Teams einbrachten und den Veränderungsprozess aktiv mitgestalteten und immer noch mitgestalten. Auch der Betriebsrat war bei der Entscheidungsfindung eingebunden. So konnten wichtige Rückmeldungen direkt in die Planung einfließen.
Die Teams erhielten zudem Gestaltungsspielraum für ihre jeweiligen Team-Heimaten, um die Arbeitsflächen an ihre spezifischen Bedürfnisse anzupassen. So benötigen beispielsweise Marketingabteilungen, die häufig an kreativen Projekten arbeiten, mehr flexible und kommunikative Bereiche, während andere Teams eher auf klassische Arbeitsplätze angewiesen sind. Diese Flexibilität bleibt auch für die Zukunft erhalten, sodass die Abteilungen bei Bedarf auf neue Raumanforderungen reagieren können.
Was waren die größten Schwierigkeiten während des Veränderungsprozesses?
Eine der größten Schwierigkeiten war es, die verschiedenen Perspektiven und Interessen der Mitarbeiter:innen zu berücksichtigen und dabei Entscheidungen zu treffen, die nicht immer für alle einfach oder willkommen waren. Bei rund 1.500 Mitarbeiter:innen gab es sehr unterschiedliche Erwartungen, die oft gegensätzliche Interessen widerspiegelten. Unsere Lösung bestand darin, Entscheidungen transparent zu erklären und kontinuierlich Feedback einzuholen, um flexibel auf Probleme reagieren zu können. Der „Test and Learn“-Ansatz hilft uns, gemeinsam herauszufinden, was funktioniert, was nicht und gegebenenfalls nachzusteuern.
Ein zentrales Thema war die Umstellung auf eine nachhaltigere Mobilität. Am alten Standort kamen die meisten mit dem Auto. In der Innenstadt gibt es jedoch kaum Parkplätze, sodass auf öffentliche Verkehrsmittel und Fahrräder umgestiegen werden muss. Diese Veränderung löste viele Diskussionen und Interessenkonflikte aus, da es für viele eine große Umstellung bedeutete, andere Mobilitätsangebote zu nutzen. Trotzdem haben wir uns bewusst für eine zentrale Stadtlage entschieden, was auch unser Firmenversprechen auf dem Weg zu Netto Null Emissionen bis 2050 reflektiert. Ein weiterer Punkt ist das aktivitätsbasierte Arbeiten, das nun mehr Flexibilität, aber auch Selbstorganisation erfordert. Obwohl die neuen Arbeitsbereiche viele Möglichkeiten bieten, müssen sich die Teams erst daran gewöhnen, den jeweils passenden Arbeitsplatz zu wählen und sich auf das Umfeld einzustellen.
Inwiefern ist das Gebäude ein Employer-Branding-Faktor für Sie?
Für mich als Personaler ist das natürlich sehr wichtig und mit dem Gebäude investieren wir stark in unsere Arbeitgeberattraktivität und unser Employer Branding. Mit modernen, inspirierenden Arbeitsbereichen, nachhaltigen Konzepten und einer transparenten Architektur bietet es eine Arbeitsumgebung, die für bestehende Mitarbeiter:innen und viele Bewerber:innen attraktiv ist und einen starken Eindruck hinterlässt. Die moderne, nachhaltige Gestaltung und die Lage im Zentrum Frankfurts sprechen viele Talente an. Insbesondere die oberste Etage, die Elf, ist ein Highlight mit starker Signalwirkung. Neben der Gebäudearchitektur ist auch die Anwesenheitsregelung ein wichtiger Employer-Branding-Faktor: Nestlé setzt auf eine hybride Arbeitsweise, bei der Teams 50 % ihrer Arbeitszeit vor Ort und 50 % im Homeoffice verbringen können. Diese Flexibilität verbindet die Vorteile des Büros, wie den spontanen Austausch und die Nutzung inspirierender Arbeitsräume, mit den Vorteilen des Homeoffice. So bleibt der Arbeitsplatz flexibel, während gleichzeitig der persönliche Kontakt und die Verbundenheit mit dem Unternehmen durch die regelmäßige Anwesenheit gestärkt werden. Das Gebäude unterstützt diesen Ansatz, indem es Räume für unterschiedliche Arbeitsformen zur Verfügung stellt – von kreativen Projekträumen bis hin zu Rückzugsorten.
Herr Hengels, vielen Dank für das Gespräch.