Dass Architektur – Gebäude und ihre Einrichtungen – einen Eindruck bei Bewerbern hinterlässt, liegt nahe. Ähnlich wie die Menschen, die einen Bewerber als Erste begrüßen, sendet auch die Architektur Signale aus. Wird Wert auf Kommunikation und Teamarbeit gelegt? Wo sitzen die Chefs, ganz oben im 14. Stock oder mitten im Team? Derartige Signale wirken umso stärker, je weniger Informationen ein Bewerber über ein Unternehmen hat und je geringer seine Berufserfahrung ist.
Untersuchungsdesign
But what does the term “strong effect” mean with respect to architecture? This question was addressed by a team of researchers at the professorial chair for human resource management at Paderborn University. The team, which was headed by Katharina Radermacher and Prof. Martin Schneider, carried out the first scientifically based investigation of this topic.
Dafür baten Radermacher und Schneider 172 Studentinnen und Studenten zehn fiktive Stellenangebote entsprechend ihrer Attraktivität zu sortieren. Jedes Angebot enthielt Fotos und Beschreibungen des künftigen Arbeitsumfelds sowie Angaben über Karrieremöglichkeiten und Weiterbildungsangebote. Die zu erzielenden Einstiegsgehälter wurden mit 36.000 € p.a., 41.000 € p.a. bzw. 46.000 € p.a. beziffert.
ARCHITEKTURSTILE
Um die jeweiligen Arbeitsumfelder realitätsnah darstellen zu können, hatte das Forscherteam zuvor die Gebäude von DAX-30-Unternehmen und von Gewinnern des Great Place to Work Awards analysiert. Für 41 Unternehmen lagen vollständige Daten vor. Die Analyse dieser Daten führte zu drei Architektur-Clustern.
Der harmonisch-moderne Architekturtyp
ist durch eine eher funktionale Gebäudefassade mit dezenten Gestaltungselementen in Form, Farbe und Materialien geprägt. Vertikale und horizontale Ausdehnung der Gebäude sind ausgeglichen. Das Innere ist durch viele frei zugängliche Bereiche gekennzeichnet, die Möglichkeiten zur Interaktion und Kommunikation bieten. Möbel, Formen und Farben werden eingesetzt, um ein Gefühl des Wohlbefindens zu vermitteln. Der Schwerpunkt der Architektur liegt dennoch auf ihrer Funktionalität.
Der klassisch-solide Architekturtyp
ist durch eine geschlossene Fassade und eine vertikal ausgerichtete Gebäudestruktur gekennzeichnet. Die Interaktaktionsbereiche sind in geschlossenen Räumlichkeiten untergebracht. Die Büroarbeitsplätze sind in erster Linie in größeren Räumen untergebracht.
Der Spaß-Typ
besteht zu großen Teilen aus offenen Interaktionsbereichen. Integrierte Spaß- und Freizeitelemente dominieren den Stil der Interaktionszonen.
In die Stellenangebote wurden schließlich der harmonisch-moderne Typ und der klassisch-solide Typ aufgenommen. Der Spaß-Typ blieb dagegen unberücksichtigt, da er zumindest in Deutschland bislang nur wenig verbreitet ist.
Ergebnisse
Bei allen Testkandidaten hatte der harmonisch-moderne Typ die Nase vorn. Für ein entsprechend gestaltetes Umfeld waren die Studentinnen und Studenten bereit, auf durchschnittlich rund 10 % des erreichbaren Einstiegsgehalts zu verzichten. Erwartungsgemäß neigten Probanden ohne Berufserfahrung zu größeren Zugeständnissen als ältere Studenten, die bereits erste Berufserfahrungen mitbrachten.
Im Vergleich der Studienschwerpunkte machte die Gruppe der Sozialwissenschaftler in Sachen Gehalt die größten Zugeständnisse, relativ dicht gefolgt von den Wirtschaftswissenschaftlern. Wohingegen eine attraktive Arbeitsumgebung den Studenten der Ingenieurs- und Informationswissenschaften im Schnitt „nur“ rund 8 % ihres Gehalts wert war.
Fazit der Autoren
Jobmerkmale wie Autonomie in der Tätigkeit und ein eher wenig hierarchisches Arbeitsklima können durch die Unternehmensarchitektur zum Ausdruck gebracht werden. Die Neu- oder Umgestaltung von Gebäuden und Büroeinrichtung kann somit „einen bislang versteckten Wert im Employer-Branding-Prozess begründen. Architektur kann als Signal an junge Menschen genutzt werden, sie ermöglicht eine bessere Identifikation mit dem Unternehmen und kann die Kreativität der Beschäftigten fördern.“ [1]
[1] Radermacher, K./Schneider, M.R.: Potenzial der Unternehmensarchitektur im Rahmen des Employer Branding. PERSONALquarterly 04/17, 10–16.
INFORMATIONEN ZUR STUDIE
Die Studie wurde veröffentlicht unter: Radermacher, K./Schneider, M.R./Iseke, A./Tebbe, T. (2017): Signalling to young knowledge workers through architecture? A conjoint analysis. German Journal of Human Resource Management: Zeitschrift für Personalforschung, 31 (1): 71–93.
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Grafik: IBA