Wie gestaltet man eine zukunftssichere Arbeitswelt in Zeiten des Wandels? Dr. Guido Schütte, Leiter der Vertriebsorganisation für die Diagnostiksparte von Siemens Healthineers in Deutschland und den Niederlanden, gibt Einblicke in die Entwicklung neuer Arbeitswelten in Eschborn. Im IBA Forum Interview spricht er über die Bedeutung von flexiblen Raumkonzepten, Employer Branding und den Einsatz moderner Technologien.
Herr Dr. Schütte, wann und warum haben Sie sich entschieden, neue Arbeitswelten bei Siemens Healthineers in Eschborn zu gestalten?
Das war vor etwa zweieinhalb bis drei Jahren, während der Corona-Pandemie. Unser Vertrag im alten Gebäude lief aus und wir mussten uns überlegen, wie die Arbeitswelt nach der Pandemie aussehen könnte. Es war klar, dass sich die Welt verändert hatte, und darauf wollten wir auch räumlich reagieren. Deshalb haben wir eine umfassende Analyse durchgeführt, um herauszufinden, wie eine neue Arbeitsumgebung aussehen könnte und wo wir sie am besten realisieren werden.
Was waren die wichtigsten Ziele bei der Entwicklung des Raumkonzepts?
Ein zentrales Ziel war es, ein attraktiver Arbeitgeber zu sein, ein „Place to be“, sowohl für unsere bestehenden Mitarbeitenden als auch für neue Talente. Das Durchschnittsalter unserer Belegschaft lag bei 52 Jahren und wir wollten ein Umfeld schaffen, das alle Generationen anspricht, vor allem auch junge Mitarbeitende. Die neue Arbeitswelt sollte ein Ort sein, an dem sich alle wohlfühlen und produktiv arbeiten können. Der „Healthineers Way of Working“ (H‑WOW) ermöglicht es dabei unseren Teams, selbst zu entscheiden, ob sie lieber vor Ort oder mobil arbeiten möchten, und fördert eine aktivitätsbasierte Arbeitsweise. Durch den Einsatz digitaler Technologien und Endgeräte können Mitarbeitende unabhängig von ihrem Standort effektiv hybrid zusammenarbeiten.
Glauben Sie, dass Ihr neues Büro ein Employer-Branding-Faktor ist?
Auf jeden Fall. Aber auch andere Faktoren wie eine wertschätzende Führung und persönliche Entwicklungsmöglichkeiten sind für die Arbeitgeberattraktivität entscheidend. Das neue Büro ist für mich ein wichtiges Puzzleteil im Gesamtbild zur Stärkung unserer Arbeitgebermarke. Es spielt insofern eine wichtige Rolle, als die Umgebung, in der man einen Großteil des Tages verbringt, wesentlich zum Wohlbefinden beiträgt. Es geht aber nicht nur um die Räumlichkeiten an sich. Unsere Initiativen wie das Programm „Du bewegst DX“, bei dem die Teams zum aktiven Mitmachen und zur Identifikation mit dem Unternehmen angeregt wurden, haben gezeigt, wie sehr solche Aktionen das Gemeinschaftsgefühl und die Identifikation fördern können. Der Erfolg dieser Aktion, bei der wir als Organisation zweieinhalb Mal um die Welt gelaufen sind, und die Tatsache, dass die Mitarbeitenden die erhaltenen Sneaker in unseren Firmenfarben noch heute im Büro tragen, zeigt die nachhaltige Wirkung solcher Aktionen für das Employer Branding.
Wie sind Sie bei der Planung vorgegangen? Wurden die Mitarbeitenden einbezogen?
Wir haben unsere Mitarbeitenden befragt und ihre Bedürfnisse in die Planung einbezogen. Es gab ein Gesamtkonzept für unsere neuen Arbeitswelten, das wir mit Unterstützung externer Planer entwickelt haben. Ein wichtiges Kriterium war die zentrale Lage und die Erreichbarkeit für alle, denn unser Einzugsgebiet reicht von Frankfurt bis in den Taunus, nach Marburg und im Süden bis Heidelberg. Darüber hinaus war uns der Faktor Nachhaltigkeit wichtig, der letztlich mit zur Entscheidung für den Standort Eschborn führte.
Wie zeigt sich der Faktor Nachhaltigkeit in Ihrem Eschborner Office?
Nachhaltigkeit ist ein zentraler Aspekt bei der Konzeption unseres neuen Bürogebäudes. Es wurde mit den modernsten Technologien in Bezug auf Energieeffizienz und Ressourcenverbrauch ausgestattet. Unser Büro hat die „Green Building“-Zertifizierung der DGNB in Platin erhalten und erfüllt den KfW-40-Standard. Darüber hinaus ist das Gebäude rundum mit Solarzellen ausgestattet, die einen Großteil des Energiebedarfs decken. Wir freuen uns sehr, dass wir nahezu autark sind. Auch in die Gebäudetechnik haben wir investiert – wir haben eine sehr gute Raumlüftung und Temperaturregelung. Mit Ladestationen für Elektroautos und ‑fahrräder verfügen wir zudem über eine moderne Infrastruktur für Elektromobilität, um den CO2-Fußabdruck zu reduzieren.
Wie wirkt sich das neue Raumkonzept auf die Arbeitsweise und die Zusammenarbeit aus?
Die Umstellung auf ein flexibles Arbeitskonzept war eine große Veränderung. Früher hatte jeder seinen festen Arbeitsplatz, heute können sich die Mitarbeitenden den Platz aussuchen, der am besten zu ihrer aktuellen Aufgabe passt – sei es ein ruhiger Bereich für konzentriertes Arbeiten oder ein Bereich für den Austausch mit Kollegen. Für die Buchung steht eine App zur Verfügung. Die Mitarbeitenden nutzen die verschiedenen Räume je nach Bedarf, was eine flexiblere und abwechslungsreichere Arbeitsweise ermöglicht und das Ziel unterstützt, für jede Art der Tätigkeit eine optimale Umgebung vorzufinden.
Wie wird das neue Konzept angenommen?
Die Akzeptanz ist hoch, wobei die Nutzung der verschiedenen Räume je nach Abteilung variiert. Einige Bereiche werden weniger genutzt, während andere Räume und Zonen stark frequentiert sind. Wir führen regelmäßig Befragungen durch, um zu verstehen, in welche Richtung sich die Nutzung entwickelt und wo sich die Bedürfnisse verändert haben, und passen unser Angebot entsprechend an. Sehr beliebt ist unsere Küche, die wir seit einiger Zeit um eine unkomplizierte Lösung für eine gesunde und frische Mitarbeitendenverpflegung ergänzt haben, die wir als Arbeitgeber bezuschussen. Unsere Mitarbeitendenbefragung hat auch ergeben, dass die Zufriedenheit in den Teams seit dem Umzug gestiegen ist. Allerdings ist nicht eindeutig, ob dies allein auf den Umzug zurückzuführen ist, da wir auch kulturell viele Veränderungen vorgenommen haben, die positiv aufgenommen wurden.
Wie spiegeln sich Ihre Unternehmenswerte in den neuen Arbeitswelten wider?
Unsere globalen Werte prägen auch die lokale Arbeitskultur und den Alltag der Mitarbeitenden. Ein Beispiel dafür ist das Format „Lunch and Talk“, bei dem Mitarbeitende aus verschiedenen Abteilungen in einem informellen Rahmen Fragen an das Management stellen und sich austauschen können. Dieses Format fördert die offene Kommunikation und Zusammenarbeit, was die Transparenz im Unternehmen stärkt. Darüber hinaus spiegelt sich das Engagement für Nachhaltigkeit und Gesundheitsbewusstsein in Initiativen wie dem „Walk for Health“ wider, bei dem wir durch sportliche Aktivitäten Spenden für wohltätige Zwecke sammeln. Solche Veranstaltungen fördern nicht nur die Gesundheit, sondern auch den Teamgeist und das soziale Verantwortungsbewusstsein im Unternehmen.
Ihr Experience Center wurde 2024 neu gestaltet. Welche Funktion erfüllt es?
Das Experience Center macht unser umfassendes Lösungs- und Produktportfolio sowie unsere Dienstleistungen aus Anwendersicht erlebbar. Es dient als Schaufenster für unsere Produkte und Innovationen. Das Experience Center ist strategisch an einem gut sichtbaren Ort platziert, um direkt präsent zu sein. Es dient nicht nur der Kundenakquise, sondern auch als Plattform für lokale und globale Präsentationen. Hier empfangen wir sowohl bestehende Kunden als auch potenzielle Neukunden zu Führungen und Präsentationen. Darüber hinaus begrüßen wir auch internationales Publikum, darunter unsere Kolleginnen und Kollegen aus Europa und Amerika, die das Experience Center für Besprechungen und zum Informationsaustausch nutzen.
Technologie ist in Ihrem Produkt-Schaufenster nicht zu übersehen. Inwiefern ist KI für Ihre Innovationen unverzichtbar geworden?
Unsere Arbeitsweise wird immer digitaler und vernetzter, was uns neue Möglichkeiten eröffnet, sowohl in der Diagnostik als auch in der globalen Zusammenarbeit. Im Mittelpunkt unserer Arbeit steht aber nach wie vor der Mensch. KI ist aus unseren Innovationen nicht mehr wegzudenken und spielt in einigen Bereichen unseres Produktportfolios eine zentrale Rolle. Insbesondere in der Diagnostik setzen wir auf einen kollaborativen Ansatz, bei dem KI und Robotik den Menschen nicht ersetzen, sondern gezielt unterstützen. Ein Beispiel ist der Einsatz kollaborativer Robotik in kleineren Häusern und Regionen mit Personalengpässen. Hier übernehmen Roboter autonom Nacht- oder Wochenenddienste, während das Personal tagsüber arbeitet. In der Bildgebung setzen wir KI ein, um die Bilderkennung und ‑analyse zu optimieren und damit die Genauigkeit und Effizienz deutlich zu erhöhen. Darüber hinaus experimentieren wir mit innovativen Projekten wie dem Einsatz von Drohnen in Afrika, die Proben und potenziell auch Medikamente transportieren können, um die medizinische Versorgung in Regionen mit schwacher Infrastruktur zu verbessern.
Herr Dr. Schütte, vielen Dank für das Gespräch.
Unser Gebäude ist wirklich ein Schmuckstück und verbindet Experience Center und Büro mit Nachhaltigkeit und Zukunftsvision. Die Dachterrasse bietet einen beeindruckenden Blick auf den Taunus und die Skyline von Frankfurt – eine „Wohlfühl-Oase“, in der produktives Arbeiten zur Selbstverständlichkeit wird. Dr. Guido Schütte
Dr. Guido Schütte, Mediziner und Betriebswirt, leitet die Vertriebsorganisation für die Diagnostiksparte von Siemens Healthineers in Deutschland und den Niederlanden. Er verantwortet unter anderem den Standort Eschborn. Weitere Informationen unter: https://www.linkedin.com/in/dr-guido-schütte-a4693b49/.
Siemens Healthineers ist ein führendes Medizintechnikunternehmen, das Pionierarbeit im Gesundheitswesen leistet und sich dafür einsetzt, den Zugang zu medizinischer Versorgung für unterversorgte Bevölkerungsgruppen weltweit zu verbessern und die schwerwiegendsten Krankheiten zu überwinden. Unter dem Motto „We pioneer breakthroughs in healthcare. For everyone. Everywhere. Sustainably.“ ist Siemens Healthineers vor allem in den Bereichen Bildgebung, Diagnostik, Krebsbehandlung und minimalinvasive Therapien tätig, ergänzt durch digitale Technologien und künstliche Intelligenz. Weitere Informationen finden Sie unter www.siemens-healthineers.com.
Titelbild und Fotos: Siemens Healthineers