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Resilienz im Berufsalltag:
Soft Skill UND Survival Skill!

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Resilienz im Berufsalltag. Bild: Freepik
Cornelia Lichtner Cornelia Lichtner ·
6 Minuten

Wir leben in einer hochkomplexen, chaotischen Welt mit unendlich vielen Stressquellen – gerade im beruflichen Kontext. Zwar gehört Stress zum Leben dazu und kann uns auch zu Höchstleistungen anspornen. Doch es muss auch Pausen und Zeit zur Verarbeitung geben. Und daran hapert es in unserer Zeit leider oft.

„Ich habe die Kontrolle über meine Inbox verloren“, sagte mein Kollege halb scherzhaft, halb entschuldigend. Sein digitaler Posteingang zeigte mehr als 500 ungelesene Emails an. Er fand dann doch die gesuchte Info überraschend schnell. Die Szene blieb mir dennoch im Gedächtnis – denn sie versinnbildlicht geradezu tragikomisch den Wahnsinn unserer modernen Arbeitswelt.

Email- und Terminflut, Arbeitszeitverdichtung, Digitalisierung, Globalisierung, diverse Multi-Krisen in Kombination mit wenig „artgerechten“ Arbeitsstrukturen, zwischenmenschliche Herausforderungen und oft bis zur Magersucht „lean“ gemanagte und entsprechend überstrapazierte Belegschaften … und zwischendrin jeder einzelne von uns, der versucht, inmitten des Ganzen einfach „in Ruhe“ seine Arbeit zu machen.

Was ist Resilienz?

Mit Resilienz ist innere Widerstandskraft gemeint – die Fähigkeit, herausfordernde Situationen und Erfahrungen erfolgreich zu verarbeiten, zu meistern und sogar daran zu wachsen. Das Wort Resilienz leitet sich vom Lateinischen „resilire“ ab – zurückspringen, abprallen.

Resilienz beschreibt also die Fähigkeit, trotz belastender Umstände psychisch gesund zu bleiben. Dabei geht es nicht um „Durchhalten“ oder emotionale Abhärtung. Im Gegenteil: Resiliente Menschen nehmen ihre Gefühle bewusst wahr und finden flexible Wege, um auf Herausforderungen zu reagieren. Bildlich gesprochen sind sie wie ein Bambus, der sich im Sturm biegt, aber nicht bricht – anpassungsfähig und zugleich tief verwurzelt. Im Englischen spricht man daher auch gerne von der „bounce back“-Fähigkeit – also der Kapazität, nach widrigen Situationen „zurückzuspringen“ – oder sogar nach vorne („bounce forward“).

Früher war die vorherrschende Meinung, dass Resilienz angeboren oder sehr früh erworben ist. Als resilienzfördernde Faktoren gelten etwa ein ausgeglichener Charakter oder sichere Bindungserfahrungen in der Kindheit. Doch heute weiß man, dass Resilienz auch erlernbar und trainierbar ist. Die Forschung hat sogar festgestellt, dass manche Menschen durch das Erleben schwieriger Situationen langfristig Resilienz entwickeln.

Anders ausgedrückt: Wir können auch an Herausforderungen und Krisen im Beruf oder privat wachsen und mehr Resilienz entwickeln! Allerdings: Das ist auch bitter nötig.

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Wer braucht eigentlich „Resilienz“?

Die meisten von uns haben nicht gelernt, wie man mit Schwierigkeiten gut umgeht, sondern sich ungünstige Bewältigungsstrategien angeeignet – von Ablenken, Ignorieren oder Verleugnen über Perfektionismus und People-Pleasing bis hin zur Arbeitssucht. Dauerstress zu haben gilt als „normal“. Doch auch die Fehlzeiten wegen psychischer Erkrankungen steigen seit Jahren rasant.

Eine konstruktive und aktive Auseinandersetzung mit dem eigenen Umgang mit Stress – und auch strukturell gegebenen Stressoren im Arbeitskontext – ist daher existenziell wichtig. Und zwar individuell wie auch für Organisationen.

Wird dies vernachlässigt, können Menschen in Erschöpfungszustände rutschen oder in die innere Kündigung gehen. Auch Organisationen und Firmen tun daher gut daran, sich aktiv um die Resilienz ihrer Mitarbeitenden zu kümmern. Daher wird auch schon viel dazu geforscht, wie in Organisationen Resilienz gefördert werden kann.

Nur: Mit Forschung ist es nicht getan! Und auch ein Gesundheitstag hier und ein Achtsamkeits-Webinar da reichen leider nicht aus, um eine Grundlage für nachhaltig gesundes und wirkungsvolles Arbeiten zu bieten. Das Entscheidende ist, dass direkt im Arbeitsalltag die Weichen so gestellt werden, dass es eine echte Anerkennung der Stressbelastung gibt und konkrete Formate zum individuellen und gemeinschaftlichen Aufbau von Resilienz-Kompetenzen verankert werden!

Was stärkt unsere Resilienz?

Das Berufsumfeld ist sogar ein besonders geeigneter Ort, um Resilienz-Kompetenzen aufzubauen. Denn es geht dabei stark um Haltungen und Werte wie Gemeinschaft, Optimismus, Selbstwirksamkeit, Akzeptanz, Selbstverantwortung, Lösungsorientierung und Zukunftsorientierung. Dies sind zugleich auch die klassischen sieben Säulen der Resilienz.

Der Begriff bedeutet also weit mehr als „Stressreduktion“! Es geht darum, bewusste Entscheidungen zu treffen, innere Ressourcen zu pflegen und in Kontakt mit dem eigenen Wesenskern zu bleiben. Entsprechend ist aus meiner Sicht auch die Kultivierung von Achtsamkeit sowie eine gesunde, integrierte Nutzung unserer emotionalen Intelligenz und unserer intuitiven Ressourcen grundlegend, um Resilienz zu fördern.

Gerade in Zeiten der Unsicherheit können diese Werte, Haltungen und Fähigkeiten zu einem inneren Anker werden, der Orientierung gibt, wenn äußere Sicherheiten ins Wanken geraten.

Resilienz kann man damit auch als das Ergebnis gelingender Selbstführung und eines konstruktiven Miteinanders betrachten.

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Ausblick: Resilienz kultivieren

Resilienz zu stärken ist ein Prozess – eine dynamische Kompetenz, die wir im Laufe unseres Lebens individuell immer weiter entwickeln können. Schon kleine Impulse wie bewusste Pausen, eine achtsame Selbstwahrnehmung und der regelmäßige Austausch mit unterstützenden Menschen sind resilienzfördernd. Es geht nicht darum, den Stress besser zu managen, sondern eine andere Haltung im Umgang damit zu entwickeln! Dazu gehört auch, die eigene körperliche und psychische Gesundheit bewusst zu pflegen, eigene Antreiber und Muster zu untersuchen und eine klare innere Wertekarte zu haben, die gegebenenfalls auch hilft, sich gut abzugrenzen.

Doch auch strukturell müssen die Bedingungen dafür geschaffen werden: In einer zunehmend komplexen Arbeitswelt wird es immer mehr ein Überlebenskriterium auch für Organisationen sein, dass die Mitarbeitenden flexibel und selbstwirksam, gesund abgegrenzt und zugleich gesund verbunden ihren Beitrag leisten können.

Resilienz ist schon heute weit mehr als eine „Soft Skill“ im klassischen Sinne: Die „Weichheit“ und Flexibilität mit zugleich tiefer Verwurzelung, die resiliente Menschen und Organisationen innehaben, ist eine Schlüsselkompetenz in einer Arbeitswelt, die sich ständig wandelt und unvorhersehbare Herausforderungen bereithält. Und dies ist zugleich die Grundlage, um unausweichliche Veränderungskrisen besser zu bewältigen oder sogar gestärkt aus ihnen hervorzugehen.

Cornelia Lichtner ist Energiemanagement-Expertin und Resilienz-Coach für engagierte und zugleich stark stressbelastete Expertinnen, Führungskräfte und Selbständige. Sie unterstützt sie dabei, ihre innere Balance zu stärken und ihre Power nachhaltig gesund in die Welt zu bringen. Kostenloser Energie-Check unter www.cornelialichtner.de/energie-check

Titelbild: Freepik