Mär 08, 2019 09:45 CET
Zukunft der Arbeit und Augmented Reality: Frame Lab zeigt neue Potenziale zur Digitalisierung der Arbeitswelt
Das führende Magazin für Raumgestaltung FRAME und der Industrieverband Büro- und Arbeitswelt (IBA) blicken auf zwei inspirierende Tage des „Frame Lab“ in Amsterdam zurück.
Amsterdam / Wiesbaden. Die Zukunft der Arbeit ist heute nur eingeschränkt vorherzusehen – die Digitalisierung eröffnet unzählige neue Möglichkeiten bei der Arbeitsraumgestaltung, die wir heute nur erahnen können. Dennoch scheint eines schon heute klar zu sein: Virtual und Augmented Reality werden das Innenraumdesign der Zukunft maßgeblich prägen. Das ist eine der Botschaften des „Frame Lab“, einer Weltbühne für die führenden Köpfe aus der Interior Design-Szene, die am 20. und 21. Februar zum zweiten Mal in Amsterdam stattfand. Zwei Tage lang kamen Architekten, Designer, Gestalter von Arbeitsplätzen, Trendexperten und Innenarchitektur-Begeisterte in der „Kromhouthal“ in der niederländischen Metropole zusammen. Sie diskutierten über Raumkonzepte und stellten ihre neuesten Entwicklungen vor. Veranstalter waren das führende internationale Magazin für Raumgestaltung Frame und der deutsche Industrieverband Büro und Arbeitswelt e.V. (IBA), der in diesem Jahr erstmals auch den „Lifetime Achievement Award“ für das architektonische Lebenswerk an den französischen Architekten und Designer Philippe Starck präsentierte.
Digitalisierung stellt Designer und Architekten vor neue Herausforderungen
Wie eine aktuelle Studie der University of Pittsburgh zeigt, begünstigen die sozialen Medien eher Einsamkeit als Gemeinschaft. Wie schon im letzten Jahr war daher die Frage, wie innovative digitale Technologien unser alltägliches Leben beeinflussen, eines der zentralen Themen des „Frame Lab“. Für die Raumgestaltung eröffnen sie nicht nur fast grenzenlose Möglichkeiten, sondern stellen Designer, Architekten und die Immobilienbranche zukünftig vor neue Herausforderungen, so der Tenor zahlreicher Vorträge. Es gelte heute mehr denn je, das Gemeinschaftsgefühl und die Zusammenarbeit wieder zu stärken, das Digitale mit dem Materiellen zu verbinden und dabei auch die Umwelt nicht aus dem Blick zu verliehen. „Das ‚Frame Lab‘ ist in dieser Hinsicht ein wichtiger Treffpunkt für Interior Designer und eine besondere Inspiration für unsere Verbandsmitglieder“, erklärt Hendrik Hund, Vorsitzender des IBA.
Co-Working Spaces fördern soziale Vernetzung & kreativen Austausch
Sonderausstellungsflächen, Impulsvorträge von Branchenexperten und Panel-Diskussionen zeigten mögliche Szenarien und Pilotprojekte, wie sich diese Visionen denken und umsetzen lassen. So setzen Gründer wie Ola Ahlvarsson auf Co-Working-Konzepte, bei denen in den Büro-Räumlichkeiten nicht Design und Service im Vordergrund stehen, sondern der gezielte kreative Austausch. Mit den Innovationshäusern „Epicenter“ möchte der erfahrene Unternehmer ambitionierten Menschen in Amsterdam, Stockholm und Oslo die Möglichkeit verschaffen, sich gegenseitig bei der Arbeit zu inspirieren und nachhaltige Innovationen zu kreieren. Neben Freelancern, Kreativen sowie kleinen und mittelständischen Unternehmen soll das Konzept, das verschiedene Veranstaltungen zum unkomplizierten Wissensaustausch und Networking anbietet, vor allem aufstrebenden Start-ups helfen, ihre Unternehmensziele zu erreichen.
Einen ähnlichen Ansatz verfolgt auch A/D/O, ein Open House-Anbieter in New York. Der Open Space ist für die Öffentlichkeit frei zugänglich und versteht sich als flexible Arbeitsplattform für Kreative, die neben festen auch ein Kontingent frei nutzbarer Arbeitsplätze und einen Zugang zu offenen Produktionswerkstätten anbietet. Zudem finden regelmäßig Vorträge und Workshops statt, die zum Networking und zur fachlichen Weiterbildung einladen. Größere Co-Working-Anbieter wie WeWork aus den USA gehen sogar noch einen Schritt weiter und investieren mehr und mehr in Co-Living Spaces, die Arbeiten und Wohnen an einem Ort ermöglichen und den kreativen Austausch noch einfacher machen.
Digitale Welt trifft auf materielle Objekte
Auch wie die digitale und die materielle Welt zukünftig miteinander verschmelzen können, erfuhren die Teilnehmer. So setzt der japanische Elektronikriese Sony aktuell auf elektronische Gadgets, die durch die Bündelung von Design und Technologie völlig neuartige, emotional bewegende Eindrücke auf Basis von Gesten, Berührungen oder Emotionen schaffen. Hirotaka Tako, leitender Art Director der Home Product Design Group, stellte anhand verschiedener Beispiele von Sony vor, wie Design und Technologie angewandt werden können, um mit Menschen, Produkten und Räumen zu interagieren. Von reinen Klangerfahrungen bis hin zu neuen Möglichkeiten, Informationen über Alltagsmöbel und Beleuchtung zu visualisieren, sei alles möglich. Ein Beispiel dafür ist Bodenbeleuchtung, die auf menschliche Bewegungen reagiert und so zu einem Kommunikationsmedium wird.
Virtuelle Meetings im gemeinsamen Workspace mit Avataren
Zudem zeigte das „Frame Lab“ künftige Potenziale für den Einsatz von Virtual Reality auf. Digitale Trendexperten stellten kollaborative Konzepte mit Avataren vor, die unter anderem für Microsoft konzipiert wurden. Mit 3D-Scanner-Technologie ist es schon heute möglich, 3D-Modelle von realen Personen zu konstruieren, so dass man sich dann mit deren Avataren – trotz räumlicher Distanz zu den realen Personen – in einem Raum befinden kann. Das eröffnet auch für die gemeinsame Arbeit im Büro ungeahnte, neue Möglichkeiten, die lange Geschäftsreisen in Zukunft überflüssig machen könnten. Auch Hersteller von smarten Anwendungen wenden sich Technologien zu, die Lösungen zur Vernetzung über größere Distanzen anbieten. So hat das Unternehmen HEY jüngst ein Armband entwickelt, das echten menschlichen Kontakt durch einen sanften Druck am Arm simuliert. Dafür müssen zwei Partner ein Armband tragen, das mit einer speziellen App über das Smartphone gekoppelt und gesteuert wird.
IBA überreicht „Lifetime Achievement Award“ an Philippe Starck
Ein weiterer Höhepunkt der Veranstaltung war die Verleihung der „Frame Awards“, die am Abend des ersten Veranstaltungstages stattfand. Im Rahmen einer feierlichen Zeremonie wurden die besten Innendesign-Konzepte der Welt ausgezeichnet. Der „Lifetime Achievement Award“, der in diesem Jahr durch den Industrieverband Büro und Arbeitswelt e.V. (IBA) präsentiert wurde, ging an den 70-jährigen französischen Künstler und Designer Philippe Starck. Der Ehrenpreis würdigt sein Lebenswerk, das neben wegweisendem Produktdesign auch viele visionäre Beiträge zur Gestaltung von Innenräumen in Wohn- und Gewerbeimmobilien hervorgebracht hat. Starck selbst gab sich betont bescheiden: Als er Anfang 20 war, habe er einfach nur Innovationen schaffen wollen. Überraschenderweise hätten die Leute, denen er sie gezeigt habe, sie geliebt, sagte er in einer sehr persönlichen Rede, in der er auch von den anfänglichen Stolpersteinen seiner Karriere berichtete.
Frame-Awards für die besten Büros des Jahres
Im Anschluss wurden die besten Raumkonzepte aus aller Welt ausgezeichnet, so unter anderem in der Kategorie „Work“. „Co-Working Space“ des Jahres wurde der „Impact Hub Piamonte“ aus Madrid nach einem Design von José María de Churtichaga. Der Publikumspreis ging in dieser Kategorie an das brasilianische „UFO Space“ aus Canoas, das von MOV.IN Architetos aus Porto Alegre konzipiert wurde. Über den Preis für das beste „Small Office of the Year“ durfte sich das „Equipo de Architectura“ aus Paraguay für „Earthbox“ freuen. Für eine Arbeitsfläche von nur 45 Quadratmetern hatte das Unternehmen die bereits vorhandene Vegetation und die Lichtverhältnisse genutzt und den Working Space auf dieser Basis besonders nachhaltig konstruiert. Das Publikum entschied sich in dieser Kategorie für die Sonic Union im Bryant Park in Manhattan, New York. Das Design für das Projekt lieferten die RAW-NYC Architects. Bestes „Large Office of the year“ wurde die „Neue Arbeitswelt 205“ der Robert Bosch Automotive Steering GmbH in Schwäbisch Gmünd mit einer Fläche von 3200 Quadratmetern. Das Konzept stammt von dem Innenarchitektur-Unternehmen „Studio Alexander Fehre“ aus Stuttgart.
„Besonders bemerkenswert fanden wir die Projekte, denen es gelang, Ästhetik und Funktionalität bei der Arbeitsplatzgestaltung zu verbinden und damit agile Unternehmensstrukturen zu fördern“, sagte Hendrik Hund, Vorsitzender des IBA, abschließend. „Diese wurden bei den Awards auch entsprechend honoriert. Als Mitveranstalter des ‚Frame Lab' hoffen wir, dass wir dazu beitragen konnten, viele neue, interessante und praktikable Impulse zur Arbeitsplatzgestaltung zu geben und sind froh, viele neue Inspiration erhalten zu haben. Wir sind gespannt, wohin die Reise bei der Raumgestaltung in den nächsten Jahren gehen wird und freuen uns schon jetzt auf das nächste ‚Frame Lab‘ im kommenden Jahr 2020“, erklärte er weiter.