Eigene Erfahrungen und Hörensagen prägen das Bild, das viele Menschen vom Homeoffice haben. Die rund 50 Seiten starke Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Partei die Linke vom 17. Oktober dieses Jahres ermöglicht anhand von verschiedenen Erhebungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sowie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) einen faktenbasierten Blick darauf, was der Bundesregierung über die Homeoffice-Nutzung, das Homeoffice-Angebot – und die Entwicklung des Themas in den vergangenen Jahren – bekannt ist.
So zeigen die Zahlen, dass Vereinbarungen zu Homeoffice und Telearbeit bereits vor der Pandemie im Verlauf der Jahre 2015 bis 2019 sukzessive zugenommen hatten und es dann im Jahr 2021 einen sprunghaften Anstieg des Homeoffice-Anteils gab. Die meisten Unternehmen stehen dieser Arbeitsform jedenfalls eher positiv gegenüber: Dem IAB zufolge bewerteten 2021 insgesamt 44 % der Betriebe, die Homeoffice anbieten, die Auswirkungen dieser Arbeitsform als „sehr positiv“ oder „eher positiv“. Lediglich 17 % gaben an, „sehr negative“ oder „eher negative“ Erfahrungen damit gemacht zu haben.
Die Homeoffice-Nutzung fällt regional sehr unterschiedlich aus: In den neuen Ländern lag der Anteil im Jahr 2021 den Untersuchungen zufolge bei 26,3 %, in Bayern und Baden-Württemberg dagegen bei 60 %. Und noch etwas ist auffällig: Beschäftigte mit Homeoffice-Möglichkeit haben weniger Krankentage als Beschäftigte ohne diese Arbeitsmöglichkeit. 2021 fehlten Beschäftigte im Homeoffice im Durchschnitt 7,9 Tage krankheitsbedingt, bei Beschäftigten ohne Homeoffice verzeichnete die Statistik dagegen 12,9 krankheitsbedingte Fehltage.
Die Antwort der Bundesregierung weist, wie man bei der Online-Plattform Statista herausgearbeitet hat, aber auch darauf hin, dass vor allem Besserverdienende in Deutschland vom Homeoffice Gebrauch machen. So hat knapp 90 % des bestverdienenden Viertels der Erwerbstätigen 2021 mindestens zeitweise von den eigenen vier Wänden aus gearbeitet. Im zweitbestverdienenden Viertel der arbeitenden Bevölkerung gaben immerhin noch 59 % an, im vergangenen Jahr im Homeoffice gearbeitet zu haben, im am schlechtesten verdienenden Viertel waren es nur noch rund 25 %. Dennoch hat sich die Nutzung im Vergleich zum Zeitraum vor der Pandemie deutlich erhöht, auch bei dieser Gruppe: 2013 konnten in dieser Einkommensgruppe beispielsweise erst 3,2 % von Homeoffice-Angeboten Gebrauch machen. Zum Vergleich: Bei den Bestverdienenden waren es zu dieser Zeit schon etwa 45 %.
Homeoffice-Showrooms im IBA Forum
Ein Erklärungsansatz dazu bietet eine aktuelle Auswertung (Ende 2022) der Wirtschaftsforscher vom ifo Zentrums für Industrieökonomik und neue Technologien, in welchen Branchen Homeoffice wie häufig zum Einsatz kommt. So ist das Homeoffice vor allem in der Unternehmensberatung (72,5 % Anteil im November), bei den IT-Dienstleistern (71,7 %) sowie in der Werbung und Marktforschung (60,4) stark verbreitet. „Auf der anderen Seite gibt es Berufe, die einfach nicht für das Arbeiten von zuhause ausgelegt sind“, erläutert Oliver Falck, Leiter des ifo Zentrums für Industrieökonomik und neue Technologien. In der Gastronomie (2,3 %), in der Beherbergung (2,4) und im Holzgewerbe (4,5) sind die Quoten entsprechend niedrig. Insgesamt, so die ifo-Forscher, nutzten unter den Dienstleistern 36,1 % der Beschäftigten Homeoffice. Im Großhandel und im Verarbeitenden Gewerbe waren es knapp 16 %. Im Einzelhandel waren es 6,1 und in der Baubranche 5,3 %. Im Verarbeitenden Gewerbe bieten vor allem die Hersteller von Bekleidung (32,1 %) und die Hersteller von Datenverarbeitungsgeräten (26,6 %) Homeoffice an.
Langfristig soll sich der Homeoffice-Anteil in Deutschland bei rund 25 % der Beschäftigten stabilisieren.
Oliver Falck, Leiter des ifo Zentrums für Industrieökonomik und neue Technologien
Im März 2022 ist die mittels Infektionsschutzgesetz geregelte Homeoffice-Pflicht abgelaufen, seitdem gilt wieder die normale Arbeitsschutzverordnung, die ein freiwilliges Angebot für Telearbeit beinhaltet. „Insgesamt stabilisiert sich der Anteil in der deutschen Wirtschaft bei 25 % der Beschäftigten. Das dürfte auch der neue langfristige Wert werden“, erwartet Falck.