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Interview mit Caroline von Kretschmann, Europäischer Hof Heidelberg

Mehrwert Büro

Caroline von Kretschmann, Europäischer Hof Heidelberg
IBA Redaktionsteam IBA Redaktionsteam ·
6 Minuten

Gastfreundschaft und Hotellerie sind eng miteinander verbunden. Derzeit wird die Gastlichkeit unter dem Stichwort „Corporate Hospitality“ aber auch in anderen Bereichen der Arbeitswelt als Qualität entdeckt. Dabei stehen oft nicht so sehr die Kunden, sondern vielmehr die Mitarbeiter im Mittelpunkt. Vor allem die Büros sollen zu Wohlfühlorten werden. Beschäftigte sollen dort ihre Zeit gern verbringen. Schließlich konkurriert das Büro als Arbeitsort spätestens seit Corona mit alternativen Orten wie dem Homeoffice. Eigentlich eine gute Situation, denn von der Flexibilisierung der Arbeitswelt profitieren sowohl Arbeitnehmer wie auch Arbeitgeber. Trotzdem fürchten viele Unternehmen, dass ihre Beschäftigten ohne zusätzliche Anreize deutlich seltener (freiwillig) ins Büro kommen werden. Darunter könnten langfristig sowohl die Bindung ans Unternehmen als auch die Zusammenarbeit mit den Kollegen leiden.

Frau von Kretschmann, der Europäische Hof Heidelberg ist ein in vierter Generation geführtes 5‑Sterne-Grandhotel. Nicht nur Gäste, auch Mitarbeiter schätzen die besondere Atmosphäre in Ihrem Haus. Was ist Ihr Erfolgsfaktor für glückliche Gäste und zufriedene Mitarbeitende?

Wir bekommen immer wieder gesagt, dass man spüre, dass es uns hier im Europäischen Hof Heidelberg ein Herzensanliegen sei, allen Menschen, die unser Hotel betreten, glückliche Momente zu bereiten. Und das beginnt mit unseren Mitarbeitenden, geht über unsere Gäste bis hin zum Postboten oder zur Taxifahrerin. Wir sind kein Grandhotel, in dem man vor Ehrfurcht erstarrt, sondern vielmehr ein Ort, an dem man laut lachen, weinen, streiten, fröhlich und man selber sein darf. Es ist die besondere Seele des Hauses, das sehr besondere Team, eine herausragende, authentische Herzlichkeit und eine empathische und werteorientierte Unternehmens- sowie eine dienende Führungskultur, die uns ausmacht. Menschen können sich bei uns an ein emotionales und soziales Kraftfeld anschließen und erleben häufig ein Gefühl des Umsorgtseins, Getragenseins und des Wohlfühlens. Uns treibt ein höherer Sinn, der weit über das Ökonomische hinausgeht.

Was können Büros von der Spitzenhotellerie übernehmen und wie kann das Büro zu einem Ort der Gastlichkeit werden?

Die Frage ist, ob ein Büro zu einem Ort der Gastlichkeit werden sollte oder ob es nicht vielmehr der Funktion entsprechend ein Raum werden sollte, in dem sich der Mitarbeitende wohl, gehalten, inspiriert, energetisiert und in seiner jeweiligen Arbeit bzw. seinem Sein bestmöglich unterstützt fühlt. Die Wirkung von Räumen auf die Zufriedenheit und das Wohlbefinden ist unbestritten. Wenn man etwas von der Spitzenhotellerie übernehmen könnte, dann vielleicht den Anspruch, die individuellen (Raum-)Bedürfnisse zu erspüren und diese mit Freude zu erfüllen. Und das umfasst natürlich alles: die Struktur des Raums, die Materialien, das Licht, den Duft bis hin zu möglicher Musik. Wir haben bei uns das gesamte Hotel übrigens energetisch gereinigt, das heißt, wir haben Wasseradern und Erdverwerfungen ausfindig gemacht und diese neutralisiert. Die Resonanz der Mitarbeitenden und Gäste ist sehr positiv.

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Welche Fähigkeiten braucht es in der Rolle als Gastgeber und was sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen für gute Gastgeber?

Grundvoraussetzung für gute Gastgeberinnen und Gastgeber, wie übrigens auch für gute Führungskräfte, ist es meiner Meinung nach, dass man Menschen mag und ihnen schöne Momente bereiten will. Daraus leiten sich hilfreiche Fähigkeiten wie Empathie, Kreativität und ein guter Geschmack ab. Die größte Herausforderung und das Spannendste zugleich ist für mich die Tatsache, dass jeder Gast einzigartig ist und individuelle Wünsche hat, die er erfüllt sehen will. Daher ist es auch gut, wenn Gastgeberinnen und Gastgeber würdiges Dienen als Geschenk verstehen, mit hoher Variabilität sowie mit der Komplexität der menschlichen Psyche umgehen können und Humor haben. Denn in einem Hotel spielt sich alles ab, was das Leben zu bieten hat, und um das Leben zu meistern, ist Humor bekanntermaßen essenziell. Wir wissen, dass diese Form der besonderen Dienstleistung kein Regelwerk, sondern Ausdruck einer inneren Haltung ist. Schließlich: Insbesondere als Gastgeberin oder Gastgeber sollte man lieben, was man tut. „Wir lieben, was wir tun“ ist übrigens unser Führungscredo. Es ist unser Ziel, jede und jeden an den Platz im Unternehmen zu setzen, bei der sie oder er liebt, was sie oder er tut. Dann folgen aus unserer Erfahrung Freude, Begeisterung, Zufriedenheit und Erfolg meistens von selbst.

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Sie geben seit über 150 Jahren Ihren Gästen ein herzliches Zuhause auf Zeit. War es schwierig, diese Qualität über eine so lange Zeit aufrechtzuerhalten? Und würden Sie mit Blick auf das Büro als Ort der Gastlichkeit bei dessen Einrichtung eher empfehlen, sich an Trends oder an der Geschichte des Unternehmens zu orientieren?

Es ist auf jeden Fall eine große Aufgabe, die hohe Qualität eines 5‑Sterne-Hotels über lange Zeit aufrechtzuerhalten. Nicht nur ökonomisch, sondern auch emotional. Wir müssen 24 Stunden am Tag an 365 Tagen im Jahr Höchstleistungen bringen. Das erfordert viel Disziplin, Leidenschaft, Einsatz und auch Innovation. Was als Qualität verstanden wird, ändert sich in Teilen im Laufe der Zeit. Wir müssen uns auch als Traditionshaus immer weiterentwickeln. Das erhalten und ausbauen, was sich bewährt hat, und gleichzeitig immer auch vieles infrage stellen und verändern. Und das in allen Bereichen: von der Gestaltung der Räume und Zimmer über die Präsentation des Essens bis hin zu bestimmten Servicestandards. Wir folgen nie einfach nur einem Zeitgeist oder Trend. Wir beobachten aufmerksam, was um uns herum passiert, und wenn etwas bei uns auf Resonanz stößt, gehen wir dem nach und versuchen, achtsam den erforderlichen Wandel durchzuführen.

Frau von Kretschmann, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Caroline von Kretschmann ist geschäftsführende Gesellschafterin des Europäischen Hof Heidelberg. 2022 erhielt sie die Auszeichnung „Hotelier des Jahres“. In der Begründung zum Preis heißt es: „Dr. Caroline von Kretschmann hat sich als bundesweite Stimme der Branche etabliert, die weit über die Hospitality hinaus wahrgenommen wird.“ Der Europäische Hof besteht seit 1865. Von Kretschmann leitet das Luxushotel in vierter Generation. Sie hat einen umfassenden Transformationsprozess eingeleitet mit den Schwerpunkten Nachhaltigkeit, Mitarbeiterführung und Digitalisierung.

Titelbild: ©Caroline von Kretschmann