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Stephan Grünewald: 6 Faktoren für mehr Mitarbeiterbindung

Mehrwert Büro

Stephan Grünewald
IBA Redaktionsteam IBA Redaktionsteam ·
4 Minuten

Beim Thementag „Vom Arbeitgeber zum Gastgeber?“ am 1. März 2023 auf der Online-Bühne des IBA Forum machte der Psychologe und Gründer des rheingold Instituts Stephan Grünewald den Anfang. Unter der Überschrift „Kohäsion – Die Bindungskräfte von morgen“ gab er spannende Einblicke in die gemeinsam mit der Unternehmensberateragentur PAWLIK durchgeführte tiefenpsychologische Studie zur Mitarbeiterbindung. Besonders vor dem Hintergrund des zunehmenden Fachkräftemangels, der steigenden Mitarbeiterfluktuation und dem Wunsch nach mehr Flexibilität sind Ansätze zur Schaffung von Kohäsion, Wir-Gefühl und Präsenz-Lust besonders wichtig.

Bereits die erste Erkenntnis der Studie gibt einen erschreckenden Einblick in den aktuellen Stand der Mitarbeiterbindung: Rund 83 % der Arbeitnehmer in Deutschland bezeichnen sich selbst als nicht engagiert, weitere 73 % denken darüber nach, sich im nächsten Jahr neu zu orientieren. In zweistündigen tiefenpsychologischen Interviews mit Mitarbeitern aus Unternehmen verschiedener Größen und Branchen konnten im Rahmen der Studie jedoch sechs Faktoren identifiziert werden, die die Mitarbeiterbindung stärken: Werkstolz, Mission, Teambezug, Wertschätzung, Flexibilität und Weiterbildung. 

Gemeinsame Ziele und Stolz stärken die Bindung

Als ersten und stärksten Faktor hebt die Studie den sogenannten Werkstolz hervor. „Mitarbeitende wünschen sich einen verantwortungsvollen Gestaltungsspielraum, um sich mit ihren Leistungen zu identifizieren“, erklärt Grünewald. Die Ergebnisse zeigen, dass viele Arbeitnehmer zwar das Gefühl haben, viel zu arbeiten, aber keinen Stolz auf ihre Arbeit oder das Unternehmen entwickeln. Das liegt auch daran, dass die Arbeitsprozesse sehr kleinteilig und komplex geworden sind – der eigene Beitrag ist oft schwer zu erkennen. An die Stelle des Werkstolzes tritt dann häufig eine Art Erschöpfungsstolz. „Die Erschöpfung wird zum Gradmesser für Produktivität und führt in den Unternehmen mitunter zu einem Erschöpfungswettbewerb“, erläutert Grünewald. Besonders negativ auf die Bindung wirkt sich dabei aus, wenn Aufgaben als nicht lösbar empfunden oder durch schlechte Ausstattung erschwert werden.

Die Prozentangaben zeigen, wie viel Prozent der Befragten den jeweiligen Faktor als wichtig empfinden.
Die Prozentangaben zeigen, wie viel Prozent der Befragten den jeweiligen Faktor als wichtig empfinden.

Der Faktor Mission ist eng an den Werkstolz gekoppelt. Wenn die Mitarbeiter das Gefühl haben, Teil eines gemeinsamen, übergreifenden Ziels zu sein, steigert dies das Engagement und den Stolz auf das Unternehmen. Arbeitnehmer suchen nach Sinn und gesellschaftlicher Relevanz in ihrer Arbeit – so können sie sich besser mit ihr und dem Unternehmen identifizieren. Je mehr die Mitarbeiter allein im Homeoffice oder remote arbeiten, desto wichtiger wird eine glaubwürdige, sinnstiftende Mission, die auch unabhängig vom physischen Arbeitsort die Identifikation mit dem Unternehmen ermöglicht. Dasselbe gilt für den nächsten vorgestellten Faktor, den Teambezug. Im Homeoffice können soziale Komponenten der Arbeit nicht ausreichend erlebt werden. Virtuelle Meetings können zwar besonders den arbeitsbezogenen Teil in die digitale Welt übertragen, das Teamgefühl leidet jedoch unter der räumlichen Distanz. Grünewald stellt dazu fest, dass es in vielen Unternehmen (noch) keine Regelungen gibt, wer wann ins Büro kommt. Die Folge: Obwohl viele Mitarbeiter inzwischen gerne ein paar Tage in der Woche ins Büro zurückkehren, bleibt es Zufall, ob man die erhofften Kollegen tatsächlich im Büro trifft. Hier sind die Führungskräfte gefragt, ein Gespür dafür zu entwickeln, wo es Schwierigkeiten gibt, wieder zusammenzufinden. 

Mehr Individualität bei Arbeit und Weiterbildung 

Flexibilität im Arbeitsalltag ist gerade bei jungen Mitarbeitern ein wichtiges Thema. Dazu erklärt Grünewald, dass die neue Generation von Arbeitnehmern nicht mehr auf vorgegebene Karrierepfade setzt, sondern Leitplanken aber auch viele Freiräume bei der Arbeitszeitgestaltung sucht. Auch beim letzten Faktor, Weiterbildung, geht es um die individuelle Förderung von Mitarbeitern. Diese wollen mit ihren persönlichen Stärken und Schwächen gesehen und unterstützt werden. Weiterbildungsmaßnahmen sollten daher nicht nur dem Unternehmen nützen, sondern vor allem dem Mitarbeiter in seiner individuellen Entwicklung helfen. 

Insgesamt liegt es also vor allem an den Unternehmen, ihren Mitarbeitern die notwenigen Grundlagen zu bieten, um eine enge Bindung an das Unternehmen zu entwickeln. Besonders durch ein individuelleres Eingehen auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter kann diesen ein Zugehörigkeitsgefühl gegeben und der Zusammenhalt gestärkt werden. 

Den Mitschnitt des Vortrags mit anschließender Diskussion finden Sie in unserer Mediathek. 

Titelbild dieses Beitrags: Stephan Grünewald, rheingold Institut, Köln

Die Studie kann bei der PAWLIK Consultants bezogen werden.