Weiterempfehlungen durch die eigenen Beschäftigten sind ein wichtiges Instrument des Arbeitgebermarketings. Sie besitzen eine hohe Glaubwürdigkeit und wirken sich im Rahmen des Recruitment nachweislich günstig auf die Passung von Bewerbern und Unternehmen aus.
Dr. Katharina Radermacher, Akademische Rätin am Lehrstuhl für Personalwirtschaft der Universität Paderborn, und ihre Kollegin Enja Marie Herdejürgen analysieren in ihrer im Januar 2022 veröffentlichten Studie „Das Potential von Arbeitsatmosphäre und Arbeitsplatzgestaltung für die Weiterempfehlungsbereitschaft“, wie sich einzelne Jobmerkmale auf die Neigung von Arbeitnehmern auswirken, ihr Unternehmen als Arbeitgeber weiterzuempfehlen. Dafür werteten sie Urteile von Beschäftigten auf der Arbeitgeberbewertungsplattform kununu.com aus.
Teil 1: Quantitative Analyse
Zunächst nutzten die beiden Forscherinnen einen Datensatz, der im Zusammenhang mit dem Best Workplace Award 2019 generiert wurde. Der von kununu und dem IBA getragene Preis wird an Unternehmen vergeben, deren Mitarbeiter eine insgesamt überdurchschnittlich hohe Zufriedenheit mit ihrer Arbeitssituation äußern und die sich darüber hinaus durch eine besonders attraktive Arbeitsumgebung auszeichnen. Zur Erhebung der Daten werden jeweils zeitlich begrenzt die standardisierten Bewertungsmerkmale auf kununu.com durch zusätzliche, arbeitsplatzbezogene Merkmale ergänzt. Von März bis Mai 2019 kamen so 13.033 Bewertungen zustande, die in die Studie einflossen. Mit 57 % waren größere Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern überrepräsentiert. 26 % der abgegebenen Bewertungen bezogen sich auf mittelgroße Unternehmen, 17 % auf Betriebe mit weniger als 50 Mitarbeitern. Die Erhebung der Arbeitgeber- und Arbeitsplatzmerkmale bediente sich jeweils einer fünfstufigen Skala, die Weiterempfehlungsbereitschaft wurde als Ja-/Nein-Kriterium abgefragt.
Die Ergebnisse der Auswertung fielen sehr eindeutig aus. Den mit Abstand höchsten Einfluss auf die Weiterempfehlungsbereitschaft der Beschäftigten hat die Arbeitsatmosphäre.
Weitere sogenannte weiche Kriterien, wie Vorgesetztenverhalten und die Qualität der internen Kommunikation, unterstützen die Bereitschaft zur persönlichen Abgabe von Empfehlungen. Gehalt und Work-Life-Balance haben im Vergleich einen deutlich geringeren Einfluss auf die Empfehlungsbereitschaft.
Unter den arbeitsplatzbezogenen Merkmalen sind es in erster Linie Aspekte selbstbestimmten Arbeitens („Flexible Arbeitszeit“ und „Flexible Nutzung von Arbeitsbereichen“), die sich positiv auf die Weiterempfehlungsquote auswirken. In Kombination haben sie einen ebenso starken Einfluss wie das Verhalten von Vorgesetzten. Positive Bewertungen erhielten Arbeitgeber außerdem dann, wenn ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Möglichkeit zur flexiblen Nutzung unterschiedlicher Arbeitsbereiche und der erlebten Qualität der internen Kommunikation bestand.
Teil 2: Qualitative Analyse
Um die Ergebnisse für die Arbeit von Personalabteilungen nutzbar zu machen, stellten Radermacher und Herdejürgen im zweiten Teil der Studie die Frage, wie sich eine positive Arbeitsatmosphäre erzeugen lässt. Dafür nutzten Sie die Tatsache, dass Arbeitnehmer auf kununu.com aufgefordert werden, ihre Bewertungen durch Eingabe eines kurzen Textes zu erläutern. Aus 44.000 Kommentaren, die 2019 im Zusammenhang mit der Arbeitsatmosphäre abgegeben wurden, zogen die beiden Forscherinnen eine Zufallsstichprobe von 1.788 Beiträgen, die sie anschließend einer genauen Analyse unterzogen.
Das Ergebnis: Personaler, die etwas für die Arbeitsatmosphäre in ihren Unternehmen tun wollen, sollten vor allem den Zusammenhalt unter den Kollegen stärken. Vermeiden sollten sie in erster Linie übermäßige physische und emotionale Belastungen.
Aspekte der Bürogestaltung (ansprechendes Bürodesign, angemessene Ausstattung), eine moderne Arbeitsorganisation (Flexibilität, Autonomie, flache Hierarchien) und die Unternehmenskultur haben laut den untersuchten Kommentaren ebenfalls einen positiven Einfluss auf die Wahrnehmung der Arbeitsatmosphäre, allerdings in weit geringerem Umfang als die zuvor genannten Einflussfaktoren. Radermacher und Herdejürgen verweisen in ihrer Studie jedoch darauf, dass es sich zur Stärkung der Weiterempfehlungsbereitschaft der eigenen Mitarbeiter durchaus lohnt, in die Arbeitsplatzgestaltung zu investieren. Zum einen müssten Unternehmen heute im Recruiting-Prozess alle gegebenen Potenziale ausschöpfen, zum anderen habe beispielsweise eine offene Bürogestaltung mit vielen, flexibel nutzbaren Treffpunkten einen positiven Einfluss auf den Zusammenhalt der Beschäftigten in einem Unternehmen. Dies wirke sich dann indirekt auf die Arbeitsatmosphäre und die Weiterempfehlungsbereitschaft aus.
Informationen zur Studie
Komprimierte Ergebnisse der Studie wurden vom IBA veröffentlicht. Eine Printversion kann kostenlos unter https://iba.online/service/publikationen/ bestellt werden.
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Titelbild dieses Beitrags: iStock by Getty Images, oatawa