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Sophia Klees: Mit Lichtdesign Arbeitskultur im Büro gestalten

Mehrwert Büro

Sophia Klees, jack be nimble
Orgatec 2022
IBA Redaktionsteam IBA Redaktionsteam ·
6 Minuten

Sophia Klees, Mitbegründerin des Lichtplanungsbüros jack be nimble, sprach auf der ORGATEC über die Herausforderungen für die Lichtplanung in der New-Office-Ära. Anlass für uns, noch einmal mit Sophia Klees zu sprechen.

Frau Klees, Arbeitsplätze sind in den letzten Jahren viel flexibler geworden. Das hat neue Arten der Möblierung und auch neue Innenraumkonzepte in die Büros gebracht. Was ist im Bereich Beleuchtung passiert?

Im Verhältnis zu dem, was sich innenarchitektonisch in Räumen verändert hat, kam die Wende im Bereich Beleuchtung erst recht spät mit der Einführung der LED-Technologie. Dies war der Anstoß zu neuen Optionen und einem Umdenken, allerdings dauerte es noch eine ganze Weile bis das Bewusstsein der Wichtigkeit von guter Beleuchtung am Arbeitsplatz angekommen war.  Davor war die Grundbeleuchtung in Unternehmen häufig diffus und linear in Form von Leuchtstoffröhren. Arbeit und Arbeitsplätze sind in den letzten Jahren flexibel geworden und das Büro ist ein Ort, an dem Unternehmenskultur erlebbar wird. Das lässt auch die Lichtplanung stärker in den Fokus rücken, die sich mit Konzepten für den optimalen Einsatz von Kunst- und Tageslicht für unterschiedliche Arbeitssituationen und Nutzerbedürfnisse befasst.

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Lichtplanung schlägt die Brücke zwischen Gestaltung und TGA-Planung und betreut die Umsetzung von individuellen Lichtkonzepten.

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Im Büro rücken der Mensch und seine Bedürfnisse immer mehr in den Mittelpunkt. Was heißt das konkret für Lichtdesign und Beleuchtungskonzepte?

Die Arbeitswelt hat sich verändert von „Wir müssen alle funktionieren“ hin zu „Wer sind wir eigentlich? Und wenn es uns gutgeht, dann sind wir produktiv“. Was das für das Licht heißt? Jedes Individuum braucht etwas anderes. Benötigt werden Räume mit individuell gestaltbaren Lichtstimmungen. Ich sehe hier die Punkte Flexibilität und Kontrast. Zunächst ist es wichtig, dass wir unterschiedliche Lichtcharakteristiken haben, die wir im Bürokontext in Form von unterschiedlichen Helligkeiten, Lichtqualitäten, Lichtfarben und Lichtformen zur Verfügung stellen und diese teilweise individuell steuerbar machen. Beleuchtungskonzepte werden künftig mehrere Lichtqualitäten und Lichteigenschaften miteinander kombinieren, um im Gesamtkonstrukt Büro mehr als nur die diffuse Lichtquelle zu bieten, die vielerorts als Grundbeleuchtung immer noch im Einsatz ist. Darüber hinaus werden auch Kontraste und Abwechslung wichtiger werden, sprich die Möglichkeit, als Mitarbeiter andere Raum- und Lichtsituationen für unterschiedliche Arbeitsabsichten nutzen zu können.

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Blicken wir nun konkret auf das Büro der Zukunft. Was sind Ihrer Meinung nach die Trends, die Unternehmen im Bereich Licht künftig umsetzen werden?

Für mich sind das drei unterschiedliche Ansätze. Das ist zum einen die momentan schnell fortscheitende Digitalisierung und die daraus resultierende Steuerung von Licht über Apps und smarte Technik. Bald werden Sensoren individuelle Stimmungen und Bedürfnisse erkennen und Licht entsprechend für die Mitarbeiter individuell ansteuern. Punkt zwei zahlt darauf ein, dass Außenräume immer mehr in die Bürowelt integriert und auch lichtseitig entsprechend Relevanz erfahren. Mitarbeiter werden künftig mehr Möglichkeiten haben, Außenräume während ihrer Arbeitszeit zu nutzen, weswegen Unternehmen hier entsprechend den Focus auf eine gute, stimmige Lichtplanung legen müssen. Der letzte Ansatz, wenngleich noch Zukunftsmusik, ist es, im Büro Strom ohne Kabel zu haben. Dies würde den Bau revolutionieren. Frühe Festlegung von Zuleitungen im Rohbaustadium bevor Designentscheidungen getroffen wurden, Leerrohrplanung usw. würden entfallen. Sanierungen können viel Individueller sein und die Beleuchtung flexibler. Mitarbeiter könnten sich dann einzelner Lichtelemente bedienen und diese nach Belieben erweitern. Die aktuellen Plug-and-play-Systeme mit einer einzigen Zuleitung, an die sich mehrere Leuchten mit unterschiedlichen Lichteigenschaften hintereinander stecken lassen, sind erste Schritte in diese Richtung. Neu auf dem Markt sind vielseitige Beleuchtungssysteme, die durch ein leitfähiges Textilband als Kernelement das freie Anbringen und flexible Umgestalten der Leuchten ermöglichen. Somit entstehen individuelle und flexible Beleuchtungslösungen vor Ort.

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Was sind für Sie dabei die kritischen Erfolgsfaktoren bei der Lichtplanung?

Wir müssen insgesamt agiler werden und den Nutzer in den Mittelpunkt unserer Überlegungen stellen. Hier kann der Design-Thinking-Ansatz helfen mit seinem „Fail early and often“-Prinzip und dem frühen Erstellen von Prototypen. Darüber hinaus müssen wir uns trauen, geltende Normen kritisch zu hinterfragen. Muss es immer ein Mehr an Licht sein oder wäre es vielleicht sinnvoller, neue Wege zu gehen und die relevanten Beleuchtungswerte mehr an menschlichen Bedürfnissen zu bemessen? Für gute Beleuchtung ist immer ein Zusammenspiel von unterschiedlichen Lichteigenschaften und Stimmungen wichtig. Ebenso wie das Schaffen von Kontrasten durch dunklere Orte, die Licht erlebbar machen. In diesem Zusammenhang ist auch Nachhaltigkeit wichtiger denn je. Brauchen wir so viel Licht und wo brauchen wir es? Wie nachhaltig sind aktuelle Materialien und wie müssen Leuchten in Zukunft beschaffen sein, damit sie den Anforderungen einer Kreislaufwirtschaft entsprechen?  Es geht viel um die Auseinandersetzung mit nachhaltigen Materialien wie z.B. Maisstärke aus denen bereits erste Leuchten als Prototypen produziert werden. Auch dass immer mehr Firmen darüber nachdenken, wie sie austauschbare LED Leuchtmitttel gewährleisten können, ist ein Anstoß in die richtige Richtung um auch die Leuchtenindustrie nachhaltiger zu gestalten. Auch der Netzwerkgedanke treibt mich um. Mir wäre es ein wichtiges Anliegen, dass Architekten, Lichtplaner und die TGA künftig früh und viel enger in Projekten zusammenarbeiten und auf Augenhöhe die beste Lösung suchen.

Frau Klees, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Sophia Klees ist Diplom-Innenarchitektin, Lichtdesignerin und Design-Thinking-Coach. Die Mitbegründerin des Berliner Lichtplanungsbüros jack be nimble gewann 2022 den Deutschen Lichtdesignpreis für die Gestaltung des RTL Audio Centers Berlin.

Den Mitschnitt ihres Vortrags finden Sie in unserer Mediathek.