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Künstliche Intelligenz in der Arbeitswelt: Interview mit Dr. Sylke Piéch

Lernwelt

Dr. Sylke Piéch
IBA Redaktionsteam IBA Redaktionsteam ·
6 Minuten

Die digitale Transformation schreitet voran und nimmt Einfluss auf verschiedene Bereiche der Arbeitswelt. Die Redaktion des IBA Forum im Gespräch mit Dr. Sylke Piéch, Expertin für Künstliche Intelligenz im Kontext von Leadership, Arbeit und Bildung.

Frau Dr. Piéch, digitale Kompetenzen gehören zu den künftigen Schlüsselqualifikationen in der Arbeitswelt. Wie können sich Mitarbeitende auf die immer digitalere Arbeitswelt vorbereiten?

Zu den digitalen Schlüsselqualifikationen zählen der planvolle Umgang mit Daten sowie die Fähigkeit zur Kollaboration und zum digitalen Lernen beispielsweise über digitale Medien. Mitarbeitende sind daher ganz besonders gefordert, sich mit der Digitalisierung zu befassen. Weiterbildung ist das Stichwort. Online-Kurse und ‑Tutorials stehen hier in großer Zahl und guter Qualität zur Verfügung. So sind in letzter Zeit einige Plattformen entstanden, die wichtige digitale Kompetenzen vermitteln. Der KI-Campus, die Lernplattform für künstliche Intelligenz, stellt zum Beispiel kostenfreie Kurse zur Steigerung der Digital- und KI-Kompetenzen zur Verfügung.

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Welches sind Ihrer Meinung nach relevante Schlüsselqualifikationen in der digitalen Zusammenarbeit?

Die digitalen und fachlichen Kompetenzen sind wichtige Grundlagen in der Mensch-Maschine-Kollaboration. Gleichzeitig stehen Kommunikations‑, Team- und Netzwerkkompetenzen im Fokus. Wichtig ist zudem, Handlungskompetenzen zu entwickeln. Mitarbeitende brauchen in der digitalen Arbeitswelt ein neues methodisches Setting. Gerade bei der Zusammenarbeit in hybriden Team-Konstellationen mit digitalen Assistenzsystemen und Robotern, die als neue Mitarbeitende fungieren, sind methodische Kompetenzen und das Know-how erforderlich, diese Art des neuen Umgangs auch gestalten zu können.

Selbstkompetenz ist ein weiterer wichtiger Aspekt in der digitalen Arbeitswelt. Hier gilt es für Mitarbeitende, in der Vielfalt an Informationen die entsprechende Selektion vorzunehmen und dabei gut auf sich zu achten. Gesundheitsmanagement und Selbstfürsorge werden in Zukunft noch wichtiger werden.

Welche Veränderungen sind mit dem Einsatz digitaler Medien und KI-Systeme hinsichtlich der Personalführung und des Teammanagements verbunden? Und welche Auswirkungen hat das auf die Unternehmenskultur?

Digitale Zusammenarbeit braucht neben klaren Regeln und Rahmenbedingungen vor allem mehr Transparenz, Ethik und eine stärkere Einbindung der Mitarbeitenden selbst. So ist eine offene Kommunikation der Erwartungen hinsichtlich Zusammenarbeit und Erreichbarkeit wichtig, bei der mehr Flexibilität nicht zulasten der persönlichen Gesundheit gehen darf. Damit hybride Zusammenarbeit funktioniert, braucht es zudem eine neue Rollenverteilung im Team. Welche Aufgaben übernimmt der Mensch und welche das KI-Assistenzsystem? Auch Weiterbildung und individuelle Talententwicklung wird in Organisationen wichtiger. Der Mensch als steuernde und regulierende Instanz für KI-Systeme – das klappt nur mit entsprechender Qualifikation. Aber auch Führungsarbeit wird sich verändern. Die Führung hybrider Teams stellt ganz neue Anforderungen und benötigt andere Führungs-Skills.

Hybride Zusammenarbeit hat selbstverständlich auch Auswirkungen auf die Kultur eines Unternehmens. In vielen Unternehmen und Institutionen ist eine neue Wertediskussion erforderlich. Transparenz, Vertrauen, Wertschätzung bei der Zusammenarbeit und eine konstruktive Fehlerkultur sind dabei zentrale Faktoren. Nur so lässt sich die Grundlage für Kreativität und Innovation schaffen, die im Change-Prozess zur digitalen, hybriden Arbeitswelt erforderlich ist.

Welche Vorteile bringt der Einsatz von künstlicher Intelligenz für Führungskräfte?

Ein wichtiges Einsatzgebiet von KI-Systemen für Führungskräfte ist beispielsweise die Personalentwicklung. Mit KI-Tools lässt sich gut einschätzen, ob Arbeitsaufgaben im Präferenzfeld der Mitarbeitenden liegen oder ob andere Aufgaben den jeweiligen Kompetenzen besser entsprechen. Je besser die Passung, desto höher auch die intrinsische Motivation und die Bereitschaft, sich in neue Aufgaben schneller und mit einem anderen Interesse einzuarbeiten. Mit KI-gestützten Kompetenzprofilen lassen sich Personalförderung individueller gestalten und Personalentwicklungsgespräche effizienter vorbereiten. Führungskräfte können KI-Systeme zudem nutzen, um Daten zu analysieren, sich schneller zu gewissen Dynamiken und Strategien zu informieren und dadurch eine gute Unterstützung bei Entscheidungen zu erhalten. Nicht zu vergessen die Bereiche Kommunikation, Dokumentation und Projektmanagement.

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„Es ist mit Blick auf den Fachkräftemangel entscheidend, die Talente eines jeden Mitarbeitenden im Blick zu haben und sie ihren Präferenzen und Kompetenzen entsprechend einzusetzen. Dabei sollte die Talentsuche nicht nur als Suche nach den Besten betrachtet werden, sondern als das Schaffen von Arbeitsbedingungen, in denen jeder motiviert wird, sein Bestes zu geben. Gerade der Stärkenfokus und die individuelle Talententwicklung sind entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit und die Innovationskraft von Unternehmen. Daher gilt es, Führungskräfte entsprechend zu stärken. Sie sind die Multiplikatoren und wichtig für die Umsetzung der digitalen Transformation in der Arbeitswelt.“ Dr. Sylke Piéch

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Wie müssen wir uns die Arbeitswelt 2050 vorstellen? Gibt es künftig das physische Büro noch? Und wie findet kollegiale Interaktion statt?

In Zukunft wird die hybride Zusammenarbeit weiterhin an Bedeutung gewinnen. Treffen in Präsenz und damit das Büro bleiben wichtig für die Zusammenarbeit und das Erleben von Unternehmenskultur. Gleichwohl wünschen sich viele Mitarbeitende eine zeitliche und räumliche Flexibilität in ihrer Arbeitsgestaltung. Es werden neue virtuelle Räume entstehen, die eine Kollaboration im Metaverse ermöglichen, aber neben dem Büro koexistieren. Ich denke, es wird in Zukunft eine gute Mischung aus physischen und digitalen Räumen geben, die es uns ermöglicht, voneinander zu lernen, Wissen weiterzugeben und uns zu vernetzen.

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„Der digitale Wandel birgt Mehrwerte und Chancen. Diese gilt es zu erkennen und in der Arbeitswelt zu nutzen. Aber auch mit dem Fokus ‚Wo ist stopp?‘. Es braucht einen Schutz von Werten sowie den kritischen Umgang mit KI-Systemen und gleichwohl einen offenen Umgang mit dem Neuen. Die Balance ist wichtig: mitzugehen, aber den richtigen Umgang mit KI-Technologie und Digitalisierung zu finden.“ Dr. Sylke Piéch

Frau Dr. Piéch, wir danken Ihnen für das Interview.

Dr. Sylke Piéch ist Senior Research Manager am Educational Technology Lab des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz / DFKI und Leiterin der Akademie für Leadership und Digitaltransfer, ADi. Zuvor war sie langjährig als Direktorin des Instituts für Leadership und Human Resources Management an der Internationalen Akademie Berlin, gegründet an der Freien Universität Berlin, tätig. In Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Niels Pinkwart, Dr. Sven Schmeier und weiteren Experten bietet sie auf dem KI-Campus den kostenfreien Kurs „KI und Leadership“ an. Mehr Informationen unter www.dfki.de oder https://ki-campus.org/ki-leadership.

Titelbild: ©Dr. Sylke Piéch