Licht spielt im Büro eine zentrale Rolle, weit über die reine Beleuchtung hinaus. Die IBA Forum Redaktion sprach mit Lichtexperte Heiner Hans über die neuesten Trends in der Lichtplanung für Büros und Arbeitsräume, die Einflüsse von Licht auf Gesundheit und Wohlbefinden sowie die praktischen Erfahrungen mit Human Centric Lighting.
Herr Hans, in Ihrem Gastartikel auf IBA Knowledge sprechen Sie über die Veränderungen in der Büroarbeit und die wachsende Bedeutung von Licht. Welche Trends sehen Sie aktuell in der Lichtplanung für Büros und Arbeitsräume?
Licht wirkt immer. Diese Erkenntnis führt dazu, dass bei der Entwicklung und Realisierung eines Lichtkonzepts nicht mehr ausschließlich nur die visuellen Ansprüche im Vordergrund stehen, sondern immer mehr auch die emotionalen und biologischen Effekte auf den Menschen einbezogen werden. Zur Erläuterung: Emotionale Effekte entstehen aus der wahrnehmungsphysiologischen Wirkung des Lichts im Zusammenspiel mit der Architektur. Biologische Effekte berücksichtigen, dass die spektrale Zusammensetzung und Intensität des Lichts direkten Einfluss auf den menschlichen Körper haben. Mit diesem ganzheitlichen Planungsansatz erreichen wir, dass die Gesundheit, das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit der Nutzer in den Mittelpunkt gestellt werden.
Wie können Lichtsituationen in Büros bestmöglich individualisiert werden?
Konzeptionell gibt es hierfür kein Patentrezept. Wichtig aber ist: Moderne Beleuchtungsanlagen sollten über ein Lichtmanagementsystem gesteuert werden können. Durch individuelle Einstellungen kann die Beleuchtung exakt an die Bedürfnisse der Mitarbeitenden angepasst werden. Zu den häufig genutzten Optionen zählen voreingestellte Lichtszenen, die stufenlose Einstellung von Helligkeit und Lichtfarbe sowie bei circadianen Steuerungen die individuelle Anpassung des zeitlichen Verlaufs über den Arbeitstag. Die zumeist integrierte Anwesenheitserkennung und Erfassung des Tageslichts gewährleisten dabei die Effizienz des Gesamtsystems.
Im Artikel gehen Sie auf das Konzept des Human Centric Lighting (HCL) ein. Welche Erfahrungen haben Sie mit dem Einsatz von HCL in Büroumgebungen in Bezug auf Produktivität und das Wohlbefinden der Mitarbeiter gemacht?
Bei immer mehr Büroprojekten ist es heutzutage so, dass Bauherrn explizit wünschen, dass Lichtkonzepte neuen Erkenntnissen zum positiven Einfluss vor allem auf das Wohlbefinden Rechnung tragen, um Mitarbeitende wieder für diesen Arbeitsort zu begeistern. Insofern wird die Entwicklung von HCL-Konzepten zunehmend zu geübter Praxis. Und es kommen noch weitere Themen hinzu wie die Forderung nach mehr Nachhaltigkeit. Ein Beispiel dafür ist das Center of Climate der Firma Zehnder in Lahr. Hier wurde ein Neubau geschaffen, der gleichzeitig Raum für innovative Ideen und Lernort sowie für Begegnung und Austausch zwischen Mitarbeitenden, Kunden und Besuchern ist. Bei der Definition des Lichtkonzepts galt es, die Arbeitsplätze mit einem Maximum an natürlichem Tageslicht blendfrei zu versorgen und nur bei Bedarf mit tageslichtähnlichem Kunstlicht zu ergänzen. Das eingesetzte smarte Steuerungssystem stimmt den Sonnenschutz und die HCL-Beleuchtung in Echtzeit aufeinander ab und schafft so stets optimale Lichtverhältnisse und hohe Nutzakzeptanz bei minimalem Energieverbrauch. Erfreulich ist, dass der Nutzen von HCL auch Eingang gefunden hat in die Normung, die ja auch wissenschaftliche Erkenntnisse und Praxiserfahrungen berücksichtigt. So enthält die DIN/TS 67600 „Ergänzende Kriterien für die Lichtplanung im Hinblick auf nichtvisuelle Wirkungen von Licht“ entsprechende Planungsempfehlungen.
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Welche Rolle spielt die Flexibilität von Beleuchtungssystemen mit Blick auf sich verändernde Arbeitsplatzanforderungen?
Allein schon um Kosten und Betriebsunterbrechungen zu vermeiden, sollte eine relativ neue Beleuchtungsanlage nicht ausgewechselt werden müssen, wenn sich beispielsweise die Arbeitssituation oder Raumnutzung ändern. Eine kurze Nutzungsdauer würde auch dem wachsenden Nachhaltigkeitsanspruch widersprechen. Moderne Leuchten sind deshalb auf lange Nutzungszeiten ausgelegt und lassen sich bei Komponentenausfall, z. B. durch den Tausch von Betriebsgeräten oder LED-Modulen, schnell und einfach reparieren. Sowohl mobile als auch stationäre Beleuchtungsanlagen bieten dabei höchste Flexibilität. Sie können werkzeuglos mit passenden Leuchteneinsätzen (um)bestückt werden, um das benötigte Licht bereitzustellen. Zusätzlich ermöglicht Lichtmanagement die nachträgliche Programmierung neuer Lichtszenen, beispielsweise bei einer neuen Zonierung.
Welche Probleme sehen Sie derzeit in der Umsetzung von modernen Lichtkonzepten in Büroumgebungen?
Nur wenn alle Beteiligten und Betroffenen über das notwendige Wissen zu Planung, Errichtung und Bedienung von Beleuchtungsanlagen verfügen, wird das Büro zu einem Ort der Konzentration, Kreativität, an dem man sich auch wohlfühlt. Zu oft noch wird beispielweise die Einweisung der Nutzer in die Bedienung ihrer Beleuchtungssysteme schlichtweg vergessen. Das kann die richtige Auf- und Einstellung einer Tischleuchte betreffen, die Anwendung eines Steuertableaus oder die Einstellmöglichkeiten bei einer Lichtmanagement-App. Fachkräfte für Arbeitssicherheit berichten, dass manche Nutzer ihre neuwertige Beleuchtungsanlage gar nicht erst einschalten, sondern sich stattdessen eine Tischleuchte aus dem Baumarkt mitbringen. Das ist ein Alarmsignal, das von Unternehmen ernst genommen werden sollte. Lichtprofis – also Planer, Errichter oder Facility-Manager – können ihr Wissen über Webinare, Seminare oder Kurse von spezialisierten Fachakademien erweitern. Eine gute Anlaufstelle ist der Arbeitskreis Licht-Akademien (ALA) mit Adressen unter ala-info.de.
Welche Tipps oder Ratschläge würden Sie Unternehmen geben, die ihre Bürobeleuchtung modernisieren oder an neue Arbeitskonzepte anpassen möchten? Gibt es bestimmte Best Practices oder Empfehlungen, die Sie unseren Lesern geben möchten?
Ein versierter Lichtplaner mit guten Referenzen und ausgewiesener Qualifikation ist die richtige Anlaufstelle. Eine hilfreiche Orientierung bieten Abschlüsse wie ein entsprechendes Studium oder Zertifizierungen zum DIN-geprüften Lichttechniker oder European Lighting Expert (ELE), die die notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse durch eine neutrale Stelle bestätigen. Basierend auf Informationen zu den Nutzern, den Sehaufgaben, der Nutzungszeit und den Räumlichkeiten wird ein qualifizierter Lichtplaner in einem strukturierten Prozess ein maßgeschneidertes Konzept erarbeiten und die Planung nachvollziehbar dokumentieren. Ein abschließender Tipp: Beziehen Sie auch die Nutzer frühzeitig mit ein und organisieren Sie im Vorfeld Workshops zur Ermittlung der Erwartungen. Eine breite Akzeptanz ist die wesentliche Voraussetzung für den Erfolg einer Lichtlösung. Außerdem ist es ratsam, nach einer gewissen Nutzungszeit Feedback einzuholen und dieses mit den Planern und Errichtern zu teilen.
Dipl.-Ing. Heiner Hans hat an den Technischen Universitäten Dortmund und Braunschweig Elektrotechnik studiert. Von 1985 bis 2023 war er bei TRILUX in Arnsberg beschäftigt und verantwortete dort die Abteilungen Technische Kommunikation, Anwendungstechnik und Operatives Marketing. Ab September 2011 leitete er die TRILUX Akademie mit diversen Standorten in Europa. Nach dem Eintritt in den Ruhestand unterstützt Heiner Hans den Wissenstransfer zu gutem Licht als Dozent und Autor. Weitere Informationen unter https://www.linkedin.com/in/heiner-hans-20375370/.
Titelbild: TRILUX