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Coworking 3.0:
Interview mit Ansgar Oberholz

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Ansgar Oberholz, Co-Founder und CEO St. Oberholz
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4 Minuten

Die Bürowelt durchläuft einen grundlegenden Wandel. Zu ihm hat auch die Coworking-Bewegung beigetragen. Die Coworking-Branche verändert sich jedoch ebenfalls stark. OFFICE ROXX sprach darüber mit Coworking-Pionier Ansgar Oberholz, Mitgründer und Geschäftsführer des legendären St. Oberholz.

OFFICE ROXX: Ansgar, mit dem St. Oberholz in Berlin-Mitte habt ihr 2005 den ersten Coworking Space in Deutschland eröffnet. Wie kam es dazu?

Damals hatten wir vor allem uns selbst als Zielgruppe im Blick. Wir arbeiteten für das Jahr 2005 schon sehr ortsunabhängig und liebten es, mit einem Laptop bewaffnet an unterschiedlichen Orten sein zu dürfen. Ohne Smartphone wohlgemerkt, denn bis auf das Blackberry gab es so etwas zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Und Laptops waren noch teuer, schwer und der Akku hielt nicht lange. Wir haben uns mit dem Café am Rosenthaler Platz einen Ort erschaffen, an dem wir selbst auch gern arbeiten wollten. Ein Antrieb, den wir bis heute haben.

Wie stark stehen Coworking Spaces nun auch in Konkurrenz mit dem Homeoffice?

Das Phänomen Homeoffice hat vielen Unternehmen und Mitarbeitenden bewiesen, dass Arbeit an jedem beliebigen Ort stattfinden kann. Diese Erkenntnis lässt sich nicht mehr ignorieren. Auf der anderen Seite ist Homeoffice nicht die Antwort auf alle Fragen der Entgrenzung der Arbeit. Homeoffice wird die Nutzung von Coworking Spaces eher intensivieren, da die Nutzer auch andere Orte als nur Büro und Wohnung benötigen und das Verständnis für den Mehrwert für aktivitätsbasiertes Arbeiten insgesamt gestiegen ist.

Das Stammhaus des St. Oberholz am Rosenthaler Platz.
Das Stammhaus des St. Oberholz am Rosenthaler Platz.
Das Prinzip Coworking, also die Zugänglichkeit zu gemeinsam genutzten Orten, aktiviert viele ungenutzte Potenziale.
Das Prinzip Coworking, also die Zugänglichkeit zu gemeinsam genutzten Orten, aktiviert viele ungenutzte Potenziale.

Viele Unternehmen machen ihre Büroflächen nun selbst zu Coworking Spaces – geschlossenen und offenen. Können reine Coworking-Anbieter da langfristig noch mithalten?

Der Coworking-Markt ist extrem fragmentiert. Für Corporates ist es kaum möglich, viele kleine Coworking Spaces in ihr Bestellsystem aufzunehmen. Wir haben in den letzten Jahren immer wieder gesehen, wie vor allem in zersplitterten Märkten Plattformunternehmen die Gatekeeper werden. Kaum ein Hotel kann heute ohne booking.com gute Auslastungen erzielen. Ich erwarte für den Coworking-Markt auch einen vergleichbaren Plattform-Economy-Effekt. Der Markt für flexible Büros hingegen wird meiner Meinung nach nicht so bald einen Gatekeeper erleben. Dafür sind die Warenkörbe zu groß und die individuellen Anforderungen an die Ausstattung zu komplex.

Coworking auf dem Lande, Coworking mit Kinderbetreuung – was sind weitere aktuelle Trends?

Mit dem Prinzip Coworking, also Zugänglichkeit zu gemeinsam genutzten Orten, werden viele ungenutzte Potenziale aktiviert. Ich glaube an die Kraft des Möglichen. Wissensarbeit wird wie Wasser überallhin vordringen. Wenn man Arbeit aktivitätsbasiert, anlassbezogen denkt, dann wird man sie immer mehr an Orten antreffen, an denen wir sie heute noch gar nicht denken können. Die letzte Kombination, die mich überraschte, war Golf und Coworking.

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Wird das Corporate Office überleben?

Das Büro wird für Unternehmen der wichtigste Platz für die Wissensarbeit bleiben. Aber die Büros werden sich grundlegend verändern. Arbeitnehmer benötigen neue Gründe, um in das Büro zu kommen. Das Büro ist zwar nur noch ein Ort der Arbeit von vielen, es wird aber gerade im Mix mit dritten Orten und Homeoffice eine besondere Stellung behalten. Der Büroflächenbedarf in mittelguten Lagen wird in Metropolen zurückgehen. Die Auswirkungen der Entgrenzung der Arbeit auf die Städte, den ländlichen Raum, die Mobilität können wir im Moment nicht vorhersagen, aber wir sollten auf alles gefasst sein. Da kommt die größte Umwälzung seit der industriellen Revolution auf uns zu.

Vielen Dank.

Die Fragen stellte Robert Nehring.

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Titelbild: Ansgar Oberholz (@Pavel Becker)
Weitere Bilder: St. Oberholz, https://sanktoberholz.de