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Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz: Handlungsbedarf für Unternehmen

Hybrid Work

Gym New Work Harbour der New Work SE, Bild: IBA
IBA Redaktionsteam IBA Redaktionsteam ·
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Die Arbeitswelt verändert sich und damit auch die Prioritäten der Unternehmen. Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz gewinnen an Bedeutung und rücken stärker in den Fokus.
 

In den letzten Jahren hat arbeitsbedingter Stress deutlich zugenommen, wie aktuelle Studien belegen. Nach Angaben der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) waren während der Pandemie 44 % der Beschäftigten in den EU-Mitgliedstaaten davon betroffen. Die Ursachen für diesen Anstieg sind vielfältig. Neben Zeitdruck und Überlastung werden unter anderem mangelnde Kommunikation und die Unkontrollierbarkeit von Arbeitstempo und ‑abläufen als Stressoren genannt. Die Belastungen äußern sich in einer Vielzahl von gesundheitlichen Problemen wie Kopfschmerzen, Augenermüdung, Muskelbeschwerden und Schmerzen. Insgesamt gaben 30 % der Befragten an, von mindestens einem dieser Gesundheitsprobleme betroffen zu sein. Die Zahlen verdeutlichen: Es gibt Handlungsbedarf. Die Auswertung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen unter anderem der bei der Techniker Krankenkasse versicherten Erwerbstätigen bestätigt diese Entwicklung. Psychische Belastungen gehören zu den Top-3-Gründen für Krankschreibungen. Im Jahr 2022 lag ihr Anteil am Gesamtkrankenstand bei rund 17,5 %. Damit liegen sie noch vor Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems (13,7 %) und nur hinter Atemwegserkrankungen wie Grippe und Erkältungen (25,3 %).

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Fehlzeiten-Report 2023 des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO)

Der Fehlzeiten-Report 2023 des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) zeigt ein hohes Maß an arbeitsbedingten psychischen Beschwerden bei Beschäftigten. Diese haben seit der Pandemie deutlich zugenommen. Die Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund psychischer Erkrankungen stiegen zwischen 2012 und 2022 um 48 %, während der Anstieg bei allen anderen Krankheitsgruppen bei 35 % lag. Im Durchschnitt führten psychische Erkrankungen im Jahr 2022 zu Arbeitsunfähigkeitszeiten von 29,6 Tagen pro Fall. Zum Vergleich: Bei Atemwegserkrankungen waren es 7,1 Tage pro Fall, der Durchschnitt aller Krankheitsgruppen lag 2022 bei 11,3 Tagen pro Fall.

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Wissen für eine neue Arbeitswelt Im IBA StudyNet finden Sie Hinweise auf wissenschaftliche Untersuchungen und Umfragen rund um die Entwicklung der Arbeitswelt und die Gestaltung von Arbeitsplätzen.

Ganzheitliches Betriebliches Gesundheitsmanagement ist nicht in allen Unternehmen Usus

Unternehmen sind gesetzlich verpflichtet, zur Gesunderhaltung ihrer Beschäftigten beizutragen. Das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) umfasst den gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitsschutz sowie das Eingliederungsmanagement zur Rückkehr an den Arbeitsplatz nach längerer Krankheit. Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) bleibt dagegen freiwillig und wird von den Unternehmen unterschiedlich gehandhabt. Die größte BGM-Arbeitgeberstudie „#whatsnext: Gesund arbeiten in der hybriden Arbeitswelt“, die das Institut für Betriebliche Gesundheitsberatung (IFBG) in Kooperation mit der Techniker Krankenkasse und dem Personalmagazin durchführt, legt offen, dass bislang nur 27 % der befragten Unternehmen ein ganzheitliches Betriebliches Gesundheitsmanagement implementiert haben. Dabei zeigt sich, dass größere Unternehmen tendenziell umfangreichere Gesundheitsangebote bereitstellen. Es wird erwartet, dass die mentale Gesundheit der Beschäftigten in Zukunft an Bedeutung gewinnen wird. Derzeit geben bereits 38,5 % der Befragten an, dass psychische Belastungen am Arbeitsplatz in ihrem Unternehmen als eher groß oder sogar sehr groß eingeschätzt werden. Prognostiziert wird, dass dieser Anteil mittelfristig auf 70 % ansteigen könnte.

Eine wichtige Erkenntnis aus der Studie betrifft die Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen gemäß § 5 ArbSchG. Hier besteht nach wie vor Handlungsbedarf, da nur die Hälfte (51,5 %) der Unternehmen eine solche tatsächlich durchführt. Bemerkenswert ist, dass sich dieser Anteil seit 2020 (50,3 %) kaum verändert hat. Bei der Umsetzung von BGF-Maßnahmen zeigt sich eine positivere Tendenz, denn hier sind mittlerweile 90 % der Unternehmen aktiv. 56,6 % der Unternehmen bieten Maßnahmen im Bereich Ergonomie an, 56,5 % setzen auf Sport und Bewegung. Mit 8,4 % hat jedoch jedes zwölfte Unternehmen noch keine Maßnahmen zur Gesunderhaltung der Beschäftigten umgesetzt.

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Unternehmenskultur beeinflusst die mentale Gesundheit der Beschäftigten

Welche Rolle psychosoziale Arbeitsbedingungen für die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Beschäftigten spielen, zeigt der psyGA-Monitor „Arbeitsbedingungen und Unternehmenskultur“ der Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA). Eine mitarbeiterorientierte Unternehmenskultur ist dabei von entscheidender Bedeutung. Unternehmen, die auf gesundheitsbewusstes Verhalten und soziales Miteinander setzen, profitieren in vielerlei Hinsicht, denn eine gute Beziehung zwischen Führungskräften und Mitarbeitern wirkt sich positiv auf die Work-Life-Balance, die Arbeitszufriedenheit und die mentale Gesundheit der Beschäftigten aus.

Die Langzeitstudie „Social health@work“ der BARMER und der Universität St. Gallen zeigt erstmals, wie wichtig es für die Gesundheit der Beschäftigten ist, sich nicht abgekoppelt, sondern als Teil eines Teams zu fühlen. Je enger die Einbindung in das Arbeitsteam, desto höher das Gesundheitsempfinden. Und auch die Mitarbeiter-Vorgesetzten-Beziehung steht laut Studie in einem kausalen Zusammenhang mit emotionaler Erschöpfung. Die Ergebnisse legen nahe, dass Unternehmen in Zukunft ein besonderes Augenmerk auf den sozialen und persönlichen Austausch sowie die Vernetzung der Mitarbeiter legen sollten. Das soziale Miteinander muss wieder stärker gefördert werden. Aber es muss auch die Frage beantwortet werden, wie die mentale Gesundheit der Beschäftigten angesichts der neuen Rahmenbedingungen von hybrider und mobiler Arbeit gestärkt werden kann. Denn davon profitieren Unternehmen und Beschäftigte gleichermaßen.

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Zur Studie #whatsnext:
https://www.ifbg.eu/wp-content/uploads/2023/03/Studie-whatsnext2022.pdf

Zu den psyGA-Monitoren:
https://www.psyga.info/psychische-gesundheit/daten-fakten/psyga-monitore

Zur Studie Social health@work:
https://www.barmer.de/resource/blob/1155840/601770fb9af201e588b657ff56516062/social-health-work-studienbericht-2023-data.pdf

 

Titelbild: New Work Harbour, Hamburg, © IBA