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Nicola Bramkamp: Was Unternehmen und Mitarbeitende von Theater und Kunst lernen können

Mehrwert Büro

Nicola Bramkamp, Dramaturgin
Orgatec 2022
IBA Redaktionsteam IBA Redaktionsteam ·
5 Minuten

Nicola Bramkamp, Dramaturgin, Theater- und Festivalmacherin, sprach auf der ORGATEC auf Einladung der New Work SE und des IBA darüber, was Unternehmen und Mitarbeitende von Theater und Kunst lernen können. Anlass für uns, noch einmal mit ihr ein vertiefendes Interview zu führen.

Frau Bramkamp, auf der ORGATEC sprachen Sie darüber, was Unternehmen und Mitarbeitende von Theater und Kunst lernen können. Welche Prinzipien und Gestaltungsprozesse sollten Ihrer Meinung nach Unternehmen künftig für sich nutzen?

Im Theater treffen Kreativität, Administration und Zeitdruck aufeinander. Und das sind ja auch die Herausforderungen, die agile Unternehmen haben. Was man vom Theater lernen kann, ist, dass wir Räume haben, in denen das Ausprobieren an erster Stelle steht, die sogenannten Proberäume. Im Proberaum beginnt man als Team, ein Stück einzuüben. Es gibt am Anfang ein Konzept, es gibt auch schon eine bestimmte Marschrichtung, aber wie es am Ende genau aussieht, ist eine Teamleistung auf Augenhöhe und hat auch ganz viel damit zu tun, dass man sich traut, nach trial and error zu arbeiten. Diese Art des künstlerischen Forschens, des Labors, sollten Unternehmen trotz aller Effizienz und KPIs mit implementieren.

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„Was Arbeitgeber von der Kultur lernen können: stärker auf die agilen Qualitäten der Mitarbeiter zu vertrauen. Ausprobieren, eine Laborsituation schaffen, in der man generationsübergreifend miteinander ins Spiel kommt.“ Nicola Bramkamp

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Wie wichtig sind Unternehmens- oder Organisationskultur für den Schaffensprozess und welche Rollen werden in Zukunft für Führungskräfte wichtiger?

Die Unternehmenskultur ist der Humus, auf dem alles gedeiht. Es braucht verschiedene Rollen im Unternehmen, wie im Theater auch. Leitende Rollen, ausführende Rollen, aber auch vermittelnde Rollen. Im Theater sagen wir „Den König spielen die anderen“. Das heißt, nur weil ich eine Krone und ein Zepter habe, führt das nicht dazu, dass man mir diese Rolle abnimmt. Es braucht daher immer auch eine Community, die die Rolle und das Framing akzeptiert. Das klassische Führungsbild am Theater war jahrzehntelang der geniale Regisseur, der mit Allmachtsfantasien bestimmte, wo es langgeht. Das ist nicht mehr zeitgemäß. Natürlich gibt es Jobs, da wird dieses „Protagen“, das Gen der Protagonisten, des starken Leaders benötigt. Die neue Arbeitswelt braucht aber andere Skills. Mittlerweile besetzen daher am Theater viele Dramaturg*innen Leitungsfunktionen, weil Kommunikationsfähigkeit, Resilienz, Empathie und auch Multiperspektivität wichtige Skills für Führungspersönlichkeiten sind.

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Für die nachhaltige Transformation brauchen wir unbedingt die Kultur. Wir müssen begreifen, dass sich unsere Welt verändern wird und dass wir dem offen und zukunftsorientiert begegnen müssen.“ Nicola Bramkamp

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Was hilft Führungskräften dabei, ihre eigene Rolle in diesen agilen Prozessen zu finden?

Im Schauspiel wissen wir, Dinge müssen erst einmal in den Körper eindringen, damit man sie wirklich mit allen Sinnen verinnerlicht hat. Deshalb hilft es total, Rollenspiele zu machen und die Perspektive zu wechseln. Vielleicht kennen Sie die Szene aus dem Film „Der Club der toten Dichter“, wo der Lehrer seine Schüler auffordert, auf den Tisch zu steigen und von oben in das Klassenzimmer zu schauen? Einen Perspektivenwechsel physisch zu erleben ist gerade auch in Führungspositionen hilfreich. Daher glaube ich, dass Führungskräftetrainings mit Unterstützung aus dem Bereich der Kultur- und Kreativwirtschaft extrem wichtig sind.

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„Ich glaube auch sehr daran, dass Veranstaltungen wichtig sind, damit sich die Leute auf einer anderen Ebene begegnen.“ Nicola Bramkamp

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In welchen Räumen lassen sich agiles Arbeiten und gemeinsames Selbstverständnis am besten initialisieren?

In Räumen, die nicht bis ins Letzte durchdacht wurden. Ich glaube, dass es wichtig ist, dass es im wahrsten Sinne des Wortes Freiräume gibt, also Flächen, Möglichkeiten und Nischen, in denen sich subkulturelle Initiativen entwickeln können. Das gilt für das Theater genauso wie für Unternehmen. Wenn alles konfiguriert und auf Effizienz getrimmt ist, dann gibt es keine Möglichkeit, mal out-of-the-box zu denken. Da ist jede Form von Freiraum hilfreich.

Welche Erfahrungen mit dem Thema Storytelling aus Ihrer Zeit am Theater können Sie Unternehmen als Learning für die Kommunikation nach innen und außen mitgeben?

Als Dramaturgin bin ich hundertprozentig davon überzeugt, dass alles eine gute Geschichte braucht, weil wir Menschen kulturell so sozialisiert sind. Das heißt, ganz egal, ob ich eine Kampagne mache oder eine bestimmte Kultur fördere, es braucht immer eine gute Geschichte, die verständlich ist, die greifbar ist, hinter die sich die Menschen stellen können. Wir haben am Theater in Bonn das Motto gehabt „Wir sind das Haus“. Das heißt, alle Menschen, die in diesem Theater arbeiten, gestalten dieses altehrwürdige Theater und sind durch ihr Tun mitverantwortlich für den Gesamterfolg.

Frau Bramkamp, wir danken Ihnen für das Gespräch.

Nicola Bramkamp hat Theaterwissenschaft, Germanistik und Betriebswirtschaftslehre studiert und unter anderem als Dramaturgin, Theater- und Festivalmacherin gearbeitet. Als Gründerin der Initiative für Kunst und Wissenschaft „SAVE THE WORLD“ bringt Sie Expert*innen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur zusammen und inszeniert innovative Formate rund um die Themen Sustainability & Diversity.

Den Mitschnitt ihres Vortrags finden Sie in unserer Mediathek.

Titelbild: IBA