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Welche Führungskonzepte werden aktuell diskutiert und wie wichtig sind entsprechende Raumkonzepte?

Nachgefragt

IBA Forum - Leaderhip, Bild: istockphoto 1457686878 (adogslifephoto)
Jasmin Najiyya Jasmin Najiyya ·
6 Minuten

Laut Gallup Engagement Index Deutschland 2023 ist die Zahl der Beschäftigten ohne emotionale Bindung hierzulande auf dem höchsten Stand seit 2012, was sich auch auf die Wechselbereitschaft auswirkt. Dabei verlassen Mitarbeiter häufig nicht das Unternehmen, sondern ihre direkten Vorgesetzten. Ein Trend, der die Diskussion um Arbeitskultur und Führung noch stärker in den Fokus rückt, denn vor dem Hintergrund des anhaltenden Fachkräftemangels können es sich Unternehmen schlichtweg nicht mehr leisten, dass ihre Mitarbeiter aufgrund schlechter Führung gehen. Wie können sich Unternehmen positiv abheben? Welche Führungskonzepte werden aktuell diskutiert und wie wichtig sind entsprechende Raumkonzepte?

Gutes Leadership braucht Selbstführung und Lernbereitschaft

Business Coach Vanessa Laszlo betonte in ihrem Vortrag beim Auftakt-Barcamp von König + Neurath die Bedeutung von Selbstführung, wertschätzendem Miteinander und umfassender Lernbereitschaft. Führungskräfte müssten heute Ultra-Lerner sein und in alle Richtungen lernen können, von Jung bis Alt, von oben nach unten. Zudem sei es wichtig, als Führungskraft Feedback aus unterschiedlichen Quellen einzuholen und eine offene Feedbackkultur zu fördern. Für Laszlo ist Führung keine Einbahnstraße mehr, sondern eine Interaktion mit geteilter Verantwortung. Führung sollte daher den Menschen und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellen. Schließlich müsse Führung vier psychologische Grundfragen beantworten können: Bin ich sicher? Bin ich relevant? Bin ich gewollt? Bin ich satt im Sinne von: „Darf ich mich entwickeln?“ Neben der Vermittlung von Sicherheit, Relevanz, Wertschätzung und Entwicklungsmöglichkeiten ist insbesondere die Fähigkeit zur Selbstführung entscheidend für effektive Führung anderer. Wie gehe ich als Führungskraft mit Enttäuschungen oder auch Kritik um? Wie steht es um meine Selbstregulation zur Bewältigung unterschiedlicher Situationen, in denen Führung gefragt ist? Gerade dieses Grundrauschen des Unsichtbaren, nicht Skalierbaren ist heute wichtiger denn je. Denn, so Laszlo, Menschen tun nicht das, was du willst. Sie reagieren auf das, wer du bist.

Führung profitiert von Vielfalt und neuen Konzepten

Im Interview mit Alina Reger von John Deere wird deutlich, wie positiv es bewertet wird, wenn Unternehmen Vielfalt fördern und die Bedürfnisse der Führungskräfte selbst in den Blick nehmen. So hat der Landmaschinenhersteller, der 2023 als bester Arbeitgeber ausgezeichnet wurde, im vergangenen Jahr unternehmensweit in verschiedenen Fachbereichen und Hierarchieebenen das Prinzip des Co-Leaderships eingeführt, bei dem sich zwei Tandempartner bewusst und gleichberechtigt Verantwortung teilen. Mit lebensphasen- und bedarfsorientierten Karrieremöglichkeiten ebnet das Unternehmen nicht nur den Weg für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Auch der Schritt in erste Führungspositionen wird erleichtert, was gerade für jüngere Mitarbeiter wichtig sein kann, um sie an das Unternehmen zu binden. Gelingen kann dies, wie das Beispiel John Deere zeigt, durch eine unterstützende Unternehmenskultur, die Akzeptanz vonseiten des Top-Managements sowie zwischenmenschliche, persönliche und strukturelle Rahmenbedingungen.

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Menschzentrierte Organisationskultur und Raum in Einklang bringen

Für Monika Kraus-Wildegger von GOODplace ist einer der Erfolgsfaktoren für effektive Führung die Implementierung einer menschzentrierten Organisationskultur. Unternehmen, deren Wertschöpfung auf den Ideen und dem Wissen ihrer Mitarbeiter basiert, sollten in ein Umfeld investieren, das Wertschätzung, Wohlbefinden und Menschlichkeit in den Mittelpunkt stellt. Die Vorteile einer solchen Kultur sind ein höheres Engagement der Mitarbeiter, weniger Burn-outs und eine höhere Mitarbeiterbindung. Die Grundprinzipien Partizipation, Hilfe zur Selbsthilfe und Freiwilligkeit spielen für Kraus-Wildegger dabei eine zentrale Rolle. Auch der physische Inspirationsraum trägt dazu bei, sich einer Wertegemeinschaft zugehörig zu fühlen. Vor allem das Miteinander und informelle Begegnungen sind wichtig für das emotionale Wohlbefinden. Das physische Arbeitsumfeld ist der erste Schritt. Der zweite Schritt, damit Unternehmen das Potenzial einer einladenden und inspirierenden Raumgestaltung wirklich nutzen können, ist die Kultur.

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Transformationale Führung wagen

Der Zukunftsforscher Dr. Daniel Dettling betont die Notwendigkeit, mehr transformationale Führung zu wagen und Arbeitskultur neu zu gestalten. „Work Culture“ drücke sich im People und Culture Management aus, also in den Fragen, wie Unternehmen Talente und Begabungen gewinnen, binden und halten können und wie Mitarbeiter zu Mitgestaltern werden. Es gehe darum, eine positive Arbeitskultur zu schaffen, deren zentrale Zukunftskompetenzen Kommunikationsfähigkeit, emotionale Intelligenz und soziale Kompetenz, empathische Führung sowie interkulturelle Kommunikation und Diversity-Management seien. Dettling betont auch die Bedeutung der drei Ts der Transformation: Investitionen in Technologie und Weiterbildung, mehr Tempo bei der Umsetzung und das Denken in gleichberechtigten Teams statt in Hierarchien. Ziel ist die Humanisierung der Arbeitswelt durch eine gelebte Kultur der Mitgestaltung und Eigenverantwortung.

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Die Rolle von Lernräumen in der modernen Arbeitskultur

Raum wirkt auf den Menschen – ob wir wollen oder nicht. Für Tobias Baur von M.O.O.CON konzentrieren sich viele moderne Arbeits- und Bürokonzepte auf typische Tätigkeitsgruppen wie Kommunikation, Konzentration, Einzel- oder Teamarbeit, vergessen aber das Lernen, das gerade bei Wissensarbeit ein wesentlicher Bestandteil des Arbeitsalltags ist. Für Baur ist die organisationale Lernfähigkeit nicht nur ein Erfolgsfaktor, sondern auch Teil einer jederzeit spür- und erlebbaren Lern- und Arbeitskultur. Gelingt es Unternehmen, auch im Büro attraktive Lernorte zu schaffen, Anreize für ihre gemeinsame und individuelle Nutzung zu setzen und eine Kultur des Mit- und Voneinander-Lernens zu implementieren, können Potenziale aus dem Inneren der Organisation gehoben und die Bindung an das Unternehmen gestärkt werden. Um eine lernförderliche Atmosphäre in Unternehmen zu schaffen, bedarf es neben den klassischen Arbeitsräumen auch Lernräume, die sich durch räumliche Vielfalt auszeichnen, Offenheit für Neues signalisieren und Emotionen ansprechen. Die funktionale und atmosphärische Vielfalt dieser Lernumgebung ermöglicht unterschiedliche Lernsettings und Ausdrucksformen. Darüber hinaus ist es wichtig, die unterschiedlichen Lernphasen räumlich abzubilden, indem sowohl Orte für Konzentration und Fokussierung als auch für Entspannung und Erholung zur Verfügung gestellt werden.

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